I. Wegfall des Verfahrens auf Zulassung der Beschwerde

 

Rz. 136

Das 1997 durch das Sechste VwGOÄndG eingeführte Zulassungsverfahren bei Beschwerden gegen Beschlüsse im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und im Verfahren über die Prozesskostenhilfe (vgl. insofern § 146 Abs. 4–6 VwGO a.F.)[145] ist durch das RmBereinVpG vom 20.12.2001 wieder aufgehoben worden, weil sich die Zulassungsbeschwerde nicht bewährt hat. Die von ihr erhoffte Beschleunigung der Verfahren ist nicht eingetreten. Im Gegenteil: Das Zulassungsverfahren führte zu Verfahrensverzögerungen und stand zum Charakter eines Eilverfahrens gerade im Widerspruch.

 

Rz. 137

Damit sind nach der Regelung durch das RmBereinVpG insbesondere

Beschwerden gegen Beschlüsse des VG

nach §§ 80, 80a VwGO oder
einstweilige Anordnungen nach § 123 VwGO sowie
gegen Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe

zulassungsfrei möglich.

[145] Vgl. dazu Haus, Verwaltungsrechtlicher Rechtsschutz im FE-Recht, in: Aktuelle Probleme der FeV, der Reform des Ordnungswidrigkeitenrechts und der Unfallflucht, Schriftenreihe der ARGE Verkehrsrecht des DAV, Band 28, 2000, S. 45 ff., S. 122 ff.

II. Gegenstand der Beschwerde

1. Allgemeines

 

Rz. 138

Die Beschwerde ist das Rechtsmittel gegen

grundsätzlich alle nicht in Form von Urteilen ergehenden Entscheidungen des VG bzw. des Vorsitzenden, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist;
ausnahmsweise in den in § 152 VwGO genannten Fällen auch Entscheidungen des OVG/der VGH. Ansonsten gilt der Ausschluss der Beschwerde gegen Entscheidungen des OVG/VGH, der eine Verkürzung des Verfahrens und die Entlastung des BVerwG bezweckt.

2. Statthaftigkeit der Beschwerde

 

Rz. 139

Die Beschwerde ist statthaft insbesondere in folgenden Fällen:

Beschlüsse des VG in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß §§ 80, 80a, 123 VwGO, wobei Sonderregelungen des § 146 Abs. 4 VwGO zu beachten sind;[146]
Prozesskostenhilfebeschlüsse;
Streitwertbeschlüsse;
Beschlüsse über Erinnerungen gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss nach §§ 164, 165 VwGO;
Beschlüsse über Erinnerungen gegen Vergütungsfestsetzungen nach dem RVG;
Rechtswegverweisung nach § 17a Abs. 4 S. 3 GVG ("Beschwerde" ist hier das einschlägige Rechtsmittel der VwGO i.S.d. § 17a GVG);[147]
abgelehnte Beiladung (§ 65 VwGO)[148]
abgelehnte Urteilsberichtigung (§ 118 VwGO)[149]
wenn nach § 173 VwGO i.V.m. den Vorschriften des GVG oder der ZPO auf die sofortige Beschwerde verwiesen wird.
[146] Kopp/Schenke, § 146 Rn 7, 27 ff.; Bader u.a., § 146 Rn 16 ff.
[147] Bader u.a., § 146 Rn 2.
[148] Kopp/Schenke, § 146 Rn 7; Bader u.a., § 146 Rn 2.
[149] Kopp/Schenke, § 146 Rn 7; Bader u.a., § 146 Rn 2.

3. Sondervorschriften für die Beschwerde

 

Rz. 140

Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (hier gilt § 133 VwGO)
Für Gerichtskosten und Streitwertfestsetzung gelten die §§ 66 ff. GKG
Für die RA-Vergütung hinsichtlich der Wertfestsetzung gelten §§ 32, 33 RVG
Für die RA-Vergütung hinsichtlich der Vergütungsfestsetzung gelten §§ 11, 55, 56 RVG

4. Ausschluss der Beschwerde

 

Rz. 141

Die Beschwerde ist in folgenden Fällen ausgeschlossen:

Fälle des § 146 Abs. 2 VwGO:[150]

Prozessleitende Verfügungen
Aufklärungsanordnungen
Beschlüsse über eine Vertagung oder Bestimmung einer Frist
Beweisbeschlüsse
Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen
Beschlüsse über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen
Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen

Fälle des § 146 Abs. 3 VwGO:

Streitigkeiten über Kosten
Streitigkeiten über Gebühren
Streitigkeiten über Auslagen,
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR nicht übersteigt.
 

Rz. 142

Die Beschwerde ist ausgeschlossen in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR nicht übersteigt (§ 146 Abs. 3 VwGO). § 146 Abs. 3 VwGO meint aber nur Streitigkeiten über solche Kosten, Gebühren und Auslagen, die im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Verfahren entstanden sind. § 146 Abs. 3 VwGO betrifft damit die Kostenfestsetzung und Vergütungsfestsetzung für Rechtsanwälte nach den Regelungen des RVG sowie die Entschädigung für Zeugen und Sachverständige.[151]

 

Rz. 143

 

Achtung

Nicht unter § 146 Abs. 3 VwGO (Wert des Beschwerdegegenstandes) fällt die Beschwerde gegen den Beschluss über die Versagung der Prozesskostenhilfe.[152]
Gegen den Beschluss, mit dem der Streitwert festgesetzt wurde, ist die Beschwerde nach § 68 Abs. 1 S. 1 GKG zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR übersteigt.
 

Rz. 144

Im Gegensatz zur Untätigkeitsklage, die in § 75 VwGO geregelt ist, sieht die VwGO eine Untätigkeitsbeschwerde gegen das Unterlassen einer Entscheidung durch das OVG nicht vor. Nach BVerwG[153] ist eine solche nicht von Verfassungswegen geboten oder in entsprechender Anwendung anderer gesetzlicher Vorschriften oder der Europäischen Menschenrechtskonvention zulässig. Immerhin hat das BVerfG entschieden: "wegen der uneinheitlichen Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte zur Frage der Statthaftigkeit einer gegen die Untätigkeit des angerufenen VG erhobenen Beschwerde (im Fall: gegen das Unterlassen von Entscheidungen über Anträge auf Bewilligung von Pr...

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