Rz. 116

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO), also von sich selbst aus, ohne dass dies im Einzelnen beantragt werden muss. Die Bildung der richterlichen Überzeugung nach § 108 Abs. 1 S. 2 VwGO setzt eine ausreichende Erforschung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO voraus. Das bedeutet, dass das Gericht alle vernünftiger Weise zu Gebote stehenden Möglichkeiten einer Aufklärung des für seine Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts ausschöpft, die geeignet sein können, die für die Entscheidung erforderliche Überzeugung des Gerichts zu begründen. Das Gericht ist verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis an die Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist.[195] Die gerichtliche Aufklärungsverpflichtung hat aber ihre Grenze in der Mitwirkungspflicht der Beteiligten. Den Kläger trifft eine Prozessförderungspflicht, unter Angabe von Einzelheiten lückenlos einen für sein Begehren stimmigen Sachverhalt zu schildern.[196] Bei anwaltlich vertretenen Klägern ist die Mitwirkungspflicht grundsätzlich ausgeprägter als bei nicht anwaltlich Vertretenen.[197] Grundsätzlich hat jeder Prozessbeteiligte den Prozessstoff umfassend vorzutragen, also auch bei der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken. Dies gilt insbesondere für die "in seine Sphäre fallenden Ereignisse".[198] So ist er im Rahmen einer EU-Fahrerlaubnis verpflichtet, Angaben zu machen, die es dem Gericht ermöglichen, Informationen aus dem Ausstellermitgliedstaat im Zusammenhang mit der Einhaltung der Wohnsitzvoraussetzung zu erlangen und diese unter Berücksichtigung der von den Beteiligten dazu gemachten Angaben zu bewerten. Das Gericht ist, wenn und soweit ein Beteiligter es unterlässt, zur Klärung der ihn betreffenden, insbesondere der für ihn günstigen, Tatsachen beizutragen, nicht gehalten, insoweit von sich aus allen denkbaren Möglichkeiten nachzugehen, wie die Tatsachen sich verhalten könnten, zumal wenn sich aus den Akten keine weiteren Anhaltspunkte ergeben.[199]

[195] BayVGH, Urt. v. 25.9.2012 – 11 B 10.2427, SVR 2013, 118 unter Hinweis auf Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 86 VwGO Rn. 5 m.w.N.
[196] Kopp/Schenke, VwGO, § 86 Rn. 11 m.w.N.; NdsOVG, Beschl. v. 30.5.2016 – 12 LA 103/15 (notwendiger klägerischer Vortrag zur "Nicht"-Haltereigenschaft i.S.d. § 31a StVZO).
[197] BayVGH, Urt. v. 25.9.2012 – 11 B 10.2427, SVR 2013, 118 unter Hinweis auf Arntz, DVBl 2008, 82.
[198] Kopp/Schenke, VwGO, § 86 Rn 11 m.w.N.; NdsOVG, Beschl. v. 30.5.2016 – 12 LA 103/15.
[199] BayVGH Urt. v. 25.9.2012 – 11 B 10.2427, SVR 2013, 118; Kopp/Schenke, VwGO, § 86 Rn. 12 m.w.N.

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