a) Ermächtigungs- bzw. Anspruchsgrundlage

 

Rz. 113

Ermächtigungs- bzw. Anspruchsgrundlage sind je nachdem, ob es sich um die Abwehr einer belastenden oder um das Begehren einer begünstigenden Maßnahme handelt, notwendig, wobei hier noch einmal auf den grundsätzlich unterschiedlichen Ansatz von Anfechtungs- und Verpflichtungswiderspruch hinzuweisen ist:[137] Es gilt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG), also Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes.

 

Rz. 114

Bei gesetzlich normiertem Wegfall des Widerspruchsverfahrens (Einzelheiten dazu: siehe oben Rdn 2 ff.) fehlt es an einer Ermächtigungsgrundlage zum Erlass eines i.Ü. auch kostenpflichtigen Widerspruchsbescheids. Die gegen einen solchen Widerspruchsbescheid gerichtete Klage ist begründet. Der Widerspruchsbescheid der Behörde ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).[138]

[137] Brühl, JuS 1994, 157, 158, Heilmann, DVP 1995, 445 ff.
[138] Vgl. dazu VG Gießen, Urt. v. 10.1.2011 – 4 K 5306/10.GI, juris.

b) Rechtmäßigkeit der Rechtsgrundlage

 

Rz. 115

Die Rechtsgrundlage selbst muss rechtmäßig, d.h. insbesondere verfassungskonform sein. Wenn eine Rechtsverordnung Rechtsgrundlage des Verwaltungsaktes ist, vgl. Art. 80 GG, sowie entsprechende Regelungen in den jeweiligen Landesverfassungen.[139]

[139] Vgl. z.B. Art. 104 Saarl. LV.

c) Richtige Anwendung dieser Rechtsgrundlage

 

Rz. 116

Eine Überprüfung der richtigen Anwendung dieser Rechtsgrundlage geschieht wie folgt:

Überprüfung des Tatbestandes: Richtige Subsumtion, vom richtigen Sachverhalt ausgegangen? Sonderproblem: unbestimmter Rechtsbegriff.

Überprüfung der Rechtsfolge:

unbestimmter Rechtsbegriff;
Ermessen, vgl. § 40 VwVfG, § 114 VwGO (Entschließungs- und Auswahlermessen);[140] im Vorverfahren grundsätzlich volle Überprüfung (§ 68 Abs. 1 S. 1 VwGO), also – von Ausnahmen abgesehen – Überprüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit. Ermessensfehler als Rechtsfehler: Ermessensfehlgebrauch, Ermessensüberschreitung, Ermessensnichtgebrauch.[141] Beachte auch den Fall der Ermessensreduzierung auf Null! Soweit der Verwaltung Ermessen zusteht, muss sie davon auch Gebrauch machen und ihre Abwägungsgesichtspunkte erkennen lassen (§ 39 Abs. 1 S. 3 VwVfG).

Weitere Rechtmäßigkeitserfordernisse:

Richtiger Adressat (vgl. Verhaltens-, Zustands- bzw. Nichtstörer; vgl. dazu die jeweiligen Polizei- bzw Polizei-/Ordnungsgesetze, z.B. §§ 4 ff. Musterentwurf PolG; §§ 4 bis 6 SPolG; §§ 4 ff. PolG BW; §§ 4 ff. POG RP)[142]

Richtiges Mittel/richtige Maßnahme:[143]

  • Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 VwVfG)
  • tatsächliche und rechtliche Möglichkeit der Befolgung
  • Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit, Verbot des zeitlichen Übermaßes; vgl. § 2 Musterentwurf PolG; § 2 SPolG).
[140] Dazu Haus/Wohlfarth, Rn 349 ff.
[141] Zum Nachschieben von Ermessenserwägungen bei Ermessensausfall vgl. VG München NVwZ 1998, 1325.
[142] Dazu Haus/Wohlfarth, Rn 373 ff.
[143] Dazu Haus/Wohlfarth, Rn 324 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge