Rz. 14

Nach BVerwG[30] vermittelt der Anliegergebrauch zwar keine aus Art. 14 Abs. 1 GG abgeleitete Rechtsposition. Wie weit er gewährleistet wird, richtet sich nach dem einschlägigen Straßenrecht, dessen Regelungsbereich das Nachbarschaftsverhältnis zwischen Straße und angrenzenden Grundstücken mit umfasst. Insoweit sind Art. 14 Abs. 1 S. 2 und Art. 14 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen. Da die Straße als öffentliche Einrichtung nicht allein der Erschließung der Anliegergrundstücke, sondern vor allem auch dem allgemeinen Verkehrsbedürfnis in seinen unterschiedlichen Ausgestaltungen dient, muss ein Ausgleich zwischen der Vielzahl von Interessen geschaffen werden.[31] Auf die Belange der Anlieger ist Rücksicht zu nehmen, da dieser Personenkreis in besonderem Maße auf den Gebrauch der Straße angewiesen ist. Dabei schaffen Zufahrt und Zugang die Grundvoraussetzung, um an der verkehrlichen Kommunikation teilzunehmen.[32] Dem Anlieger muss eine Kontaktmöglichkeit nach außen gegeben sein.

 

Rz. 15

Allerdings steht dem Anlieger ein Abwehrrecht nur so weit zu, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums die Verbindung mit der Straße erfordert. Garantiert wird nicht eine optimale, sondern nur eine nach den jeweiligen Umständen zumutbare Erreichbarkeit. Es besteht auch kein Anspruch auf den Fortbestand einer Verkehrsverbindung, die für eine bestimmte Grundstücksnutzung von besonderem Vorteil ist; es besteht keine Gewähr dafür, dass ein Grundstück ohne jegliche Einschränkung angefahren werden kann. Zufahrtserschwernisse, die sich aus der besonderen örtlichen Lage und einer etwaigen situationsbedingten Vorbelastung ergeben, sind zu dulden.[33]

 

Rz. 16

Niemand hat einen Anspruch auf immer gleich bleibende unveränderte Straßenzugangsverhältnisse. Einzelheiten sind im FStrG (§ 8a) und in den jeweiligen Landesstraßengesetzen (vgl. z.B. § 20 StrWG NRW, § 20 SStrG) geregelt. Der Anliegergebrauch umfasst auch nicht einen Anspruch auf einen stets gleich bleibenden und unveränderten Zustand der Straße. Der Anlieger hat grundsätzlich auch keinen Anspruch darauf, dass die Straße nicht eingezogen wird (vgl. z.B. § 17 Abs. 1 SStrG, § 14a Abs. 2 StrWG NRW). Zugangshindernisse sind regelmäßig hinzunehmen.[34] Ein Anlieger hat auch keinen Anspruch darauf, durch den Straßenaus- und -umbau und die Anlegung von Parkflächen von bloßen Erschwernissen bei der Benutzung seiner Grundstückszufahrt verschont zu bleiben. Erst wenn sich aus der baulichen Gestaltung der Straße für den Anlieger nicht nur Schwierigkeiten, sondern echte verkehrsrechtliche Gefahren im Sinne eines polizeiwidrigen Zustandes ergeben, hat der Träger der Straßenbaulast für die Möglichkeit der gefahrlosen Nutzung einer Grundstückszufahrt Sorge zu tragen.[35] Die uneingeschränkte Anfahrmöglichkeit mit einem Kfz gehört bei einem Wohngrundstück in einer innerstädtischen Fußgängerzone nicht zu dem durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Kernbereich des Anliegerrechts.[36]

 

Rz. 17

Dem Anlieger, der auf die Straßenanbindung und -nutzung angewiesen ist, muss eine Anbindung an die Straße mit Blick auf das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 GG) ohne Erlaubnis als Gemeingebrauch ermöglicht werden. Die Anlegung notwendiger Zufahrten von der öffentlichen Straße zu privaten Grundstücken ist vom Anliegergebrauch gedeckt, soweit nicht Sonderregelungen eingreifen (wie z.B. § 8a Abs. 1 FStrG, § 20 Abs. 2 NStrG).[37] Wie weit dieser Anliegergebrauch darüber hinaus reicht und inwieweit die Anlegung einer weiteren Zufahrt noch vom Anliegergebrauch erfasst wird, richtet sich nach dem einschlägigen Straßengesetzen des Bundes und der Länder, die insoweit i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums an Anliegergrundstücken bestimmen.[38] So gelten nach § 8a Abs. 1 FStrG Zufahrten und Zugänge zu Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten als Sondernutzung i.S.d. § 8 FStrG, wenn sie neu angelegt oder geändert werden. Der Niedersächsische Gesetzgeber hat mit § 20 Abs. 2 NStrG festgelegt, dass Zufahrten und Zugänge zu Landes- und Kreisstraßen außerhalb der Ortsdurchfahrten als Sondernutzung einzustufen sind, wenn sie neu angelegt oder geändert werden. Sie stellen sich dann als eine sondererlaubnispflichtige Zufahrt dar.[39] Ähnliches regelt § 20 Abs. 1 SaarlStrG für Landstraßen I. und II. Ordnung. In Bayern gelten Zufahrten zu Staats- und Kreisstraßen außerhalb der zur Erschließung bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten sowie zu Gemeindeverbindungsstraßen als Sondernutzung (Art. 19 Abs. 1, Art. 18 BayStrWG). § 20 Abs. 1 S. 2 StrWG NRW regelt, dass die Anlage neuer oder die wesentliche Änderung bestehender Zufahrten oder Zugänge zu einer Landesstraße oder einer Kreisstraße außerhalb von Ortsdurchfahrten als Sondernutzung gilt.[40] Die Differenzierung nach Straßenklassen und die Lage klassifizierter Straßen in der Gemeinde berücksichtigt die unterschiedlichen Funktionen der Straßen und differenziert je nach ihrem Gefahrenpotenzial; letzteres ...

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