Rz. 293

Gem. § 3 Abs. 2a StVO trifft den Kraftfahrzeugführer eine besondere Sorgfaltspflicht gegenüber Kindern, Hilfsbedürftigen und älteren Menschen, soweit deren besondere Stellung, insbesondere ggf. eine Hilfsbedürftigkeit, erkennbar war. Die Verantwortlichkeitsgrenze von Kindern ist nunmehr von sieben auf zehn Jahre angehoben worden. Inlineskater sind grds. den Regeln für Fußgänger unterworfen.[302]

Im Gegensatz zu der Bildung der Haftungsquote bei dem Verkehrsunfall zwischen zwei Pkw gelten bei dem Unfall eines Pkw mit einem Fußgänger andere Grundsätze bei der Bildung der Haftungsquote, die erst einmal zu einer alleinigen Haftung auf Seiten des Pkw führen. Ausgangspunkt bei der Ermittlung der Haftungsquote ist die alleinige Haftung des Halters des unfallbeteiligten Kfz aus § 7 StVG, sofern die dem Kfz innewohnende Betriebsgefahr sich – was der Fußgänger beweisen muss – unfallursächlich ausgewirkt hat. Trifft den Fußgänger daneben kein Verschuldensvorwurf hat der Halter, ggf. auch der Fahrer im Rahmen des nach § 18 StVG vermuteten Verschuldens im vollen Umfang für die Unfallfolgen einzustehen. Den Fußgänger kann jedoch eine Mithaftung im Rahmen der nach § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Haftungsabwägung treffen, wenn er in schuldhafter Weise gegen die StVO, insbesondere § 25 Abs. 3 StVO verstößt. Handelt der Fußgänger grob fahrlässig, kann hinter diesem Verschulden die einfache Betriebsgefahr des Pkw ganz zurücktreten.[303] Dies ist z.B. der Fall, wenn der Fußgänger die Straße vor einer für ihn rot zeigenden Lichtzeichenanlage[304] überquert, zusätzlich durch ein Telefonat abgelenkt ist[305] oder im alkoholisierten Zustand nachts direkt vor das herannahende Fahrzeug tritt, dessen Fahrer mangels Bebauung nicht mit Fußgängern rechnen muss.[306]

Trotz eines erheblichen Verschuldens des Fußgängers wegen eines Verstoßes gegen § 25 Abs. 3 StVO muss aber die (verschuldensunabhängig bestehende) Betriebsgefahr des unfallbeteiligten Pkw hierhinter nicht vollständig zurücktreten. Solange der Unfall nicht erwiesenermaßen für den Pkw-Fahrer unvermeidbar war, spricht vieles dafür, zumindest die Betriebsgefahr mit 20 % anzusetzen.[307]

Bei beiderseitigem Verschulden ist dagegen im Zweifel eine Haftungsteilung geboten.[308] Wird in eklatanter Weise das drohende Betreten der Fahrbahn verkannt, kann der Haftungsanteil des Fahrers bis zu 75 % ansteigen.[309]

[302] BGH r+s 2002, 234; OLG Hamm NJW-RR 2014, 411.
[304] OLG Hamm Schaden-Praxis 2003, 84.
[306] OLG Hamm RuS 2001, 411.
[307] OLG Düsseldorf v. 10.4.2018 – 1 U 196/14, juris; OLG Hamm v. 22.10.2012 – I-6 U 56/12, juris; vgl. grundlegend BGH v. 22.4.1969 – VI ZR 11/68, VersR 1969, 750; OLG Düsseldorf v. 13.1.1993 – 15 U 18/92, NZV 1994, 70.
[308] OLG Hamm RuS 1994, 294.
[309] OLG Köln NZV 2002, 131.

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