Rz. 137

Um für den Mandanten überprüfen zu können, ob der zu beurteilende strafrechtliche, verwaltungsrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Sachverhalt von der Rechtsschutzversicherung des Mandanten gedeckt ist, ist es zwingend erforderlich, dass der Verteidiger sich von dem Mandanten die konkreten zwischen dem Mandanten und seinem Rechtsschutzversicherer zugrunde liegenden Rechtsschutzversicherungsbedingungen (ARB) in der konkreten Form aushändigen lässt.[202]

Den meisten Rechtsschutzversicherungsverträgen, je nach Alter des Abschlusses des Rechtsschutzversicherungsvertrages, liegen entweder die ARB 75, die ARB 94, die ARB 2000, die ARB 2008, die ARB 2009, die ARB 2012, die ARB 2016 oder die ARB 2019 zugrunde.

 

Rz. 138

Die einzelnen Bedingungswerke enthalten unterschiedliche Ausgestaltungen mit unterschiedlichen Ausschlussklauseln, so dass eine Beurteilung des zugrunde liegenden Sachverhaltes nur unter Berücksichtigung der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden konkreten Versicherungsbedingungen möglich ist.

Grundsätzlich stehen dem Versicherungsnehmer als Vertragspartner des Rechtsschutzversicherers die Ansprüche aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag zu.

Oftmals sind jedoch in den Rechtsschutzversicherungsvertrag neben dem Versicherungsnehmer andere Personen, mitversicherte Personen oder Versicherte, in den Schutz der Rechtsschutzversicherung mit einbezogen. Dies können z.B. der Ehegatte oder minderjährige und unverheiratete volljährige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres sein.[203]

Der Rechtsanwalt, der für seinen Mandanten Rechtsschutzversicherungsfragen klären muss, muss daher auch immer prüfen, ob der Mandant als Mitversicherter mit in den Schutz des Rechtsschutzversicherungsvertrages einbezogen ist oder aber nicht.

 

Rz. 139

Für bestimmte Leistungsarten (z.B. § 2b–g ARB 2000) besteht gem. § 4 Abs. 1 ARB 2000 Versicherungsschutz erst, wenn der Rechtsschutzfall frühestens 3 Monate nach Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten ist. Der Grund für diesen Ausschluss innerhalb der dreimonatigen Wartezeit besteht in der Gefahr eines Zweckabschlusses des Versicherungsnehmers.[204]

Keine Wartezeit besteht jedoch nach den ARB für den Strafrechtsschutz und den Ordnungswidrigkeitenrechtsschutz, da in diesen Fällen die Gefahr eines Zweckabschlusses des Versicherungsnehmers nicht gegeben ist.[205]

Hat der Verteidiger den Versicherungsnehmer z.B. in einem Verkehrsstrafverfahren verteidigt und gegenüber dem Rechtsschutzversicherer einen Gebührenvorschuss geltend gemacht und die Gebühren erhalten, muss der Versicherungsnehmer bei einer später festgestellten rechtskräftigen Verurteilung des Versicherungsnehmers wegen eines vorsätzlichen Deliktes dem Rechtsschutzversicherer die Gebühren zurückerstatten. Der Rechtsanwalt, der den Gebührenvorschuss erhalten hat, schuldet jedoch keine Rückzahlung, da der Gebührenanspruch im Mandatsverhältnis bestehen bleibt, so dass auch kein Rückzahlungsanspruch besteht, der auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen ist.[206] Es ist daher immer ratsam, von dem Rechtsschutzversicherer Vorschüsse zu verlangen.

Voraussetzung für die Gewährung von Rechtsschutz durch den Rechtsschutzversicherer ist das Vorliegen eines Versicherungsfalles. Gem. § 4 Abs. 1c ARB 2000/2008 gilt als Rechtsschutzversicherungsfall der erste tatsächliche oder behauptete Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften.[207]

Aus Anwaltssicht ist es zwingend erforderlich, eine etwaige Ablehnung der Kostendeckung des Rechtsschutzversicherers anhand der konkreten dem Vertragsverhältnis zugrunde liegenden Rechtsschutzbedingungen (ARB) inhaltlich zu überprüfen.

[202] Zu den Grundlagen des im Straßenverkehrsrecht, speziell im Straf- und OWi-Verfahren, in Betracht kommenden Rechtsschutzes vgl. ausführlich Höke, Verkehrsrecht, § 19 Rn 1 ff.
[203] van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, § 13 Rn 44.
[204] Cornelius-Winkler, Rechtsschutzversicherung, S. 63.
[205] Cornelius-Winkler, Rechtsschutzversicherung, S. 63.
[206] van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, § 13 Rn 73.
[207] Cornelius-Winkler, Rechtsschutzversicherung, S. 58.

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