Rz. 15

Der Entgeltverlust und die Einschränkung der Mitbestimmungsrechte bei mittelbaren Arbeitskampffolgen führten zu der Frage, ob der mittelbar betroffene Arbeitnehmer Anspruch auf Kug oder Alg hat. Dies ist zumindest bei Auswirkungen innerhalb der umkämpften Branche nach der politisch motivierten Neufassung des § 116 AFG a.F. im Jahr 1986, jetzt § 146 SGB III, i.d.R. nicht der Fall. Das BVerfG hält das Gesetz für noch verfassungsgemäß. Art. 9 Abs. 3 GG schütze Arbeitskampfmaßnahmen und den Streik vor Eingriffen des Staates, auch wenn sie beträchtliche Auswirkungen auf den Gegner oder die Allgemeinheit haben. Die Koalitionsfreiheit bedürfe der Ausgestaltung durch die Rechtsordnung. Das Gesetz beeinträchtige zwar die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaft, z.B. weil sie nicht unabhängig über Streikkonzept und Auswahl der Streikbetriebe entscheiden könne. Der Gesetzgeber habe aber einen weiten Beurteilungsspielraum (BVerfG v. 4.7.1995, AuR 1996, 33; Kissel, Arbeitskampfrecht, § 34 Rn 102).

 

Rz. 16

 

Hinweis

Streikende und Ausgesperrte erhalten keine Leistungen, § 146 Abs. 2 SGB III.

 

Rz. 17

Der Arbeitskampf in einer anderen Branche, wie z.B. auf der Grundlage eines anderen fachlichen Geltungsbereiches oder im Ausland, führt dazu, dass die mittelbar Betroffenen Leistungen erhalten, § 146 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 SGB III.

 

Rz. 18

Bei einem gleichen fachlichen und räumlichen Geltungsbereich erhalten die mittelbar Betroffenen i.d.R. keine Leistungen. Voraussetzung hierzu ist, dass das Tarifergebnis auf sie angewendet würde, § 146 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und Abs. 3 S. 3 SGB III.

 

Rz. 19

Ist der fachliche Geltungsbereich der gleiche, aber handelt es sich um einen anderen räumlichen Geltungsbereich, dann erhalten die betroffenen Arbeitnehmer bei mittelbaren Arbeitskampfauswirkungen keine Leistungen, wenn in einem Tarifgebiet eine Forderung erhoben wird, die einer Hauptforderung des Arbeitskampfes nach Art und Umfang im Wesentlichen gleich ist, ohne mit ihr übereinstimmen zu müssen, § 146 Abs. 3 S. 1 Nr. 2a SGB III. Nach Ansicht des BSG ist der Begriff eng auszulegen, die erhobene Forderung und die Hauptforderung des Arbeitskampfes müssen so dicht beieinanderliegen, dass sie fast übereinstimmen (BSG v. 4.10.1994 – 7 KlAr 1/93, NZA 1995, 320).

 

Rz. 20

Wenn das Kampfergebnis aller Voraussicht nach übernommen wird, so entfallen Leistungen der BA, § 146 Abs. 3 S. 1 Nr. 2b SGB III. Dies verlangt eine Prognose mit hoher Wahrscheinlichkeit. Die BA sieht dies als erfüllt an, wenn in der Vergangenheit die Ergebnisse regelmäßig in die anderen Tarifgebiete übernommen worden seien. Das BSG sieht darin ein Indiz dafür, dass die Prognose der Übernahme wohl richtig ist (BSG v. 4.10.1994 – 7 KlAr 1/93, NZA 1995, 320; Kissel, Arbeitskampfrecht, § 34 Rn 115). Ausnahmsweise wird auch dann Kug gezahlt, wenn die Arbeitsagentur feststellt, dass die Kurzarbeit nicht Folge eines Arbeitskampfs, sondern vermeidbar gewesen ist, § 174 Abs. 3 SGB III. Der Arbeitgeber bleibt dann zur Lohnzahlung verpflichtet, die Arbeitsagentur tritt praktisch in Vorleistung und holt sich die ausgezahlten Beträge später vom Arbeitgeber zurück. Auch der Betriebsrat oder der Personalrat können einen Antrag auf Kug stellen, § 173 Abs. 1 S. 2 SGB III.

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