1. Allgemeines
Rz. 354
Ist die zu erfüllende Handlung jedoch nicht unbedingt vom Schuldner selbst auszuführen, so richtet sich die Vollstreckung nach § 887 ZPO. Die Vertretung des Schuldners muss demnach möglich sein, ohne dass das Erfüllungsinteresse des Gläubigers berührt wird.
Rz. 355
Der Gläubiger wird sodann zur Vornahme der Ersatzhandlung auf Antrag durch das Prozessgericht der ersten Instanz ermächtigt und kann ggf. einen Vorschuss hierfür fordern. Unter Umständen ist auch die Duldung der vorzunehmenden Ersatzhandlung, insbesondere das Betreten des Grundstücks des Schuldners, anzuordnen.
Beispiel 1:
In einem nachbarschaftsrechtlichen Verfahren haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, wonach sich der Beklagte verpflichtet hat, einen Lärmschutzwall gem. einer konkreten DIN-Norm zwischen dem Grundstück des Klägers und dem eigenen Grundstück zu errichten. Dem Kläger liegt eine vollsteckbare Ausfertigung des Vergleichs vor, der bereits dem Schuldner zugestellt wurde.
Nachdem der Kläger den Beklagten erfolglos zur Errichtung des Lärmschutzwalls aufgefordert hat, beauftragt er den RA mit der Zwangsvollstreckung.
2. Inhalt des Anspruchs
Rz. 356
Wie bei jeder Vollstreckungsmaßnahme bedarf es auch hier eines Antrages des Gläubigers, da nur dieser Herr des Verfahrens ist.
Rz. 357
In der Praxis bereitet es mitunter Schwierigkeiten, abzugrenzen, wann eine Handlung unvertretbar und einzig und allein vom Schuldner vorgenommen werden kann und wann sie vertretbar ist und somit auch durch einen Dritten ausgeführt werden kann (s. Rdn 332).
Rz. 358
Insbesondere sind als vertretbare Handlungen anzusehen
▪ | Handwerksarbeiten (z.B. Renovierungsarbeiten, Beseitigung von Baumängeln), |
▪ | Beseitigung von Bäumen oder Sträuchern, |
▪ | Beseitigung eines Überbaus aber auch |
▪ | Erstellung einer Betriebskostenabrechnung, sofern die Unterlagen vorliegen und von einem Dritten eingesehen und ausgewertet werden können. |
3. Zuständigkeit
Rz. 359
Die örtliche und sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 887 ZPO, demnach ist immer das Prozessgericht der ersten Instanz ausschließlich zuständig. Ist das Prozessgericht in erster Instanz das Landgericht oder das Familiengericht, so besteht in diesem Fall Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO bzw. § 114 Abs. 1 FamFG). Der Gläubiger muss in diesem Fall einen RA mit der Antragstellung beauftragen, ansonsten würde der Antrag als unzulässig abgewiesen werden.
Einen Nachweis darüber, dass die Verpflichtung vom Schuldner nicht erfüllt wurde, muss der Gläubiger nicht führen.
Der Gläubiger muss prozessfähig sein. (Prozessfähig ist, wer parteifähig ist. Parteifähig sind alle natürlichen und juristischen Personen).
4. Vorliegen der allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen
Rz. 360
Bei der Entscheidung über den Antrag des Gläubiges gem. § 887 ZPO müssen die drei allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen Titel, Klausel, Zustellung vorliegen.
Die vollstreckbare Ausfertigung des Titels muss mit dem Antrag im Original eingereicht werden.
Sonstige für den Beginn der Zwangsvollstreckung erforderlichen Urkunden müssen ebenfalls vorgelegt werden (z.B. bei einer Zug-um-Zug-Leistung, der Nachweis des Gläubigers über den Annahmeverzug des Schuldners, sofern der Annahmeverzug nicht bereits im Vollstreckungstitel festgestellt ist, § 765 ZPO).
5. Inhalt des Antrages
Rz. 361
Der Antrag des Gläubigers ist dahin gehend zu stellen, dass der Schuldner zur Ersatzvornahme der im Vollstreckungstitel bezeichneten Verpflichtung ermächtigt wird. dabei ist die Maßnahme konkret zu bezeichnen.
Insbesondere ist dies dringend erforderlich, wenn im zugrundeliegenden Vollstreckungstitel nur der Handlungserfolg, nicht aber der Weg zum Handlungserfolg bezeichnet worden ist.
Der Gläubiger muss jedoch nicht den Namen des zu beauftragenden Unternehmens, das die Ersatzleistung erbringen soll, nennen. Auch einzelne Arbeitsschritte sind nicht darzulegen.
Rz. 362
Praxistipp:
Da der Schuldner nur die notwendigen Kosten der Ersatzvornahme zu tragen hat, sollte hierzu frühzeitig vorgetragen werden, insbesondere wenn auch ein Vorschuss begehrt wird.
6. Vorschuss der notwendigen Kosten
Rz. 363
Die notwendigen Kosten der Ersatzvornahme hat der Schuldner nach § 887 Abs. 1 ZPO zu tragen, dies ist im Beschluss ausdrücklich festzuhalten.
Der Gläubiger kann, muss jedoch nicht in Vorleistung gehen. Er kann auch mit seinem Antrag nach § 887 ZPO vom Schuldner einen Vorschuss über die voraussichtlichen Kosten verlangen.
Rz. 364
Als notwendig werden die Kosten angesehen, wenn ein vernünftig und wirtschaftlich denkender Auftraggeber im konkreten Einzelfall sie als angemessen ansieht und akzeptieren würde. Dies ist nicht immer die kostengünstigste Erledigungsmöglichkeit, vielmehr ist zum Beispiel auch ein Zeitfaktor einzurechnen. Die voraussichtlichen Kosten sind vom Gläubiger in Form von Kostenvoranschlägen bzw. Sachverständigengutachten zu belegen.
Rz. 365
Wurde die Kosten der voraussichtlichen Ersatzvornahme als Vorschuss beigetrieben und sind diese tatsächlich später geringer ausgefallen, so muss der Gläubiger den Schuldner hierüber Abrechnung erteilen und den überschießenden Betrag in einer angemessenen Zeit an den Schuldner zurückzahlen. Für den Fal...
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