Rz. 118

Am 1.1.2013 trat das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung (ZwVollStrÄndG) in Kraft, dass insbesondere die Informationsbeschaffung in der Zwangsvollstreckung für den Gläubiger erleichtert. In der Vergangenheit war die Informationsbeschaffung nämlich häufig die Schwachstelle der Zwangsvollstreckung, da der Gläubiger erst immer recht spät von möglichen Vermögenswerten des Schuldners im Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfahren hat.

 

Rz. 119

Durch das ZwVollStr.ÄndG 2013 würde das Zwangsvollstreckungsrecht umfassend mit folgenden Änderungen reformiert:

Pflicht zur Vermögensauskunft bereits vor gescheitertem Sachpfändungsversuch,
Einholung von Fremdauskünften über Schuldnervermögen durch den Gerichtsvollzieher erlaubt,
Modernisierung der neuen Vermögensauskunft (alt. e.V.) sowie der Vermögensverzeichnisse,
Einrichtung eines landesweiten Zentralschuldnerregisters im Internet sowie
Planung verbindlicher Formulare zur Standardisierung des Zwangsvollstreckungsauftrages.

1. Allgemeines

 

Rz. 120

Grundsätzlich ist der Gläubiger Herr der Verfahrens und besitzt die Entscheidungsfreiheit, ob und in welchem Umfang er im Einzelfall von seinem Recht auf Zwangsvollstreckung und mit welcher Maßnahme er Gebrauch machen will. Für eine wirkungsvolle Zwangsvollstreckung benötigt der Gläubiger jedoch konkrete Informationen über verwertbares Vermögen des Schuldners. Nach dem alten Recht (bis Dezember 2012) musste jedoch erst ein Versuch der Sachpfändung (der Pfändung von beweglichen Gegenständen) in das Eigentum des Schuldners erfolglos durchgeführt worden sein, bevor er eine Vermögensauskunft im Wege der eidesstattlichen Versicherung vom Schuldner verlangen kann.

 

Rz. 121

Mit dem Inkrafttreten des ZwVollStrÄndG zum 1.1.2013 wurde die neue Vermögensauskunft auf Antrag des Gläubigers quasi als "Auskunftsstufe" vorgezogen und der Gläubiger kann auch vor einem gescheiterten Sachpfändungsversuch, die Auskunft über das Vermögen des Schuldners verlangen.

 

Rz. 122

Die Stellung eines Kombiauftrages (Sachpfändung mit anschließender eidesstattlicher Versicherung vgl. die Ausführungen unter Rdn 312) wird dadurch entbehrlich, ist jedoch grd. auch weiterhin möglich.

 

Rz. 123

Für das Verlangen auf Abgabe der Vermögensauskunft müssen lediglich die allgemeinen und besonderen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen vorliegen und der Gläubiger muss einen entsprechenden Vollstreckungsantrag beim zuständigen Gerichtsvollzieher stellen. Die vollstreckbare Ausfertigung des Titels und evtl. Nachweise über bisherige Vollstreckungskosten sind wie gewohnt beizufügen.

 

Rz. 124

Die Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers sind dabei in § 802a ZPO konkret bezeichnet. Grundsätzlich hat der Gerichtsvollzieher im gesamten Verfahren auf eine zügige und Kosten sparende Betreibung der Geldforderung hinzuwirken (§ 802a Abs. 1 ZPO) und besitzt folgende Befugnisse (Abs. 2):

eine gütliche Einigung der Sache zu versuchen (§ 802b ZPO),
eine Vermögensauskunft des Schuldners einzuholen (§ 802c ZPO),
Auskünfte Dritter über das Vermögen des Schuldners einzuholen (§ 802l ZPO),
die Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen zu betreiben (§§ 808 ff. ZPO),
eine Vorpfändung durchzuführen (§ 845 ZPO). Hierfür bedarf es nicht der vorherigen Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung und der Zustellung des Schuldtitels.
 

Rz. 125

Die gewünschte Maßnahme ist vom Gläubiger im Vollstreckungsauftrag konkret zu bezeichnen.

 

Rz. 126

Eine gütliche Erledigung der Sache soll im gesamten Verfahren möglich sein und ist daher auch im Vollstreckungsauftrag nur zu bezeichnen, wenn sich der Auftrag auf die gütliche Einigung beschränkt, was in der Praxis wohl recht selten vorkommen dürfte.

 

Rz. 127

Die gütliche Einigung ist in § 802b ZPO geregelt und sieht vor, dass der Gerichtsvollzieher dem Schuldner

eine Zahlungsfrist einräumen oder
Ratenzahlungen vereinbaren kann,

sofern der Gläubiger Zahlungsvereinbarungen grundsätzlich nicht ausgeschlossen hat. Die Tilgung sollte dabei jedoch innerhalb von zwölf Monaten abgeschlossen sein.

 

Rz. 128

Hat der Gerichtsvollzieher eine entsprechende Zahlungsvereinbarung getroffen, so informiert er den Gläubiger hierüber und dieser hat dann noch die Möglichkeit, unverzüglich der Vereinbarung im Nachhinein zu widersprechen. In diesem Fall wird der Schuldner über den Widerspruch informiert und die Vereinbarung ist damit hinfällig. Gleiches gilt auch, wenn der Schuldner mit einer vereinbarten Zahlung ganz oder teilweise länger als zwei Wochen in Verzug ist.

 

Rz. 129

Nach Art. 1 ZwVollStrÄndG, § 753 Abs. 3 ZPO wird das Bundesministerium der Justiz dazu ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates verbindliche Formulare für den Antrag der Zwangsvollstreckung einzuführen. Spezielle Formulare können zudem auch für elektronisch eingereichte Anträge zur Zwangsvollstreckung eingeführt werden.

Zuerst wurden vom BMJV nur Formulare für den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sowie den Antrag auf Erlass einer richterlichen Du...

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