Rz. 189

 

§ 113 SGB VII – Verjährung (ab 1.1.1997)

1Für die Verjährung der Ansprüche nach den §§ 110 und 111 gelten die §§ 195, 199 Abs. 1 und 2 und § 203 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend mit der Maßgabe, daß die Frist von dem Tag an gerechnet wird, an dem die Leistungspflicht für den Unfallversicherungsträger bindend festgestellt oder ein entsprechendes Urteil rechtskräftig geworden ist.

2Artikel 229 § 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche gilt entsprechend.

 

Rz. 190

 

§ 642 RVO (bis 31.12.1996)

(1) Die Ansprüche verjähren in einem Jahr nach dem Tag, an dem die Leistungspflicht für den Träger der Unfallversicherung bindend festgestellt oder das Urteil rechtskräftig geworden ist, spätestens aber in fünf Jahren nach dem Arbeitsunfall.

(2) Die Vorschrift des § 638 über die Bindung des Gerichts gilt auch für diese Ansprüche.

 

Rz. 191

Für Regressansprüche nach § 110 SGB VII regelt die Spezialnorm des § 113 SGB VII die Verjährung. Nach § 113 SGB VII gelten die §§ 195, 199 BGB "entsprechend mit der Maßgabe, dass die Frist von dem Tag an gerechnet wird, an dem die Leistungspflicht für den Unfallversicherungsträger bindend festgestellt oder ein entsprechendes Urteil rechtskräftig geworden ist".

 

Rz. 192

Nach § 642 RVO verjährte der Anspruch aus § 640 RVO in einem Jahr nach dem Tag, an dem die Leistungspflicht bindend festgestellt wird, ohne Rücksicht darauf, ob der Forderungsberechtigte Kenntnis vom Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 640 RVO hatte oder nicht.[138] Nach der Gesetzesbegründung[139] zu § 113 SGB VII sollte lediglich die Jahresfrist von einem Jahr auf 3 Jahre verlängert werden. Das spricht dafür, dass eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis auch weiterhin nicht erforderlich ist und dass § 199 BGB nur im Übrigen gilt.[140]

 

Rz. 193

§ 113 SGB VII knüpft den Beginn der Verjährung an eine Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträges und nicht an die Entstehung des Anspruchs. Da in der Praxis häufig formale Entscheidungen (z.B. Bewilligungsbescheide) des Leistungsträgers unterbleiben,[141] beginnt die Verjährung jedenfalls mit der Entstehung des Anspruchs; das ist im Regelfall der Unfalltag, zu dem die Leistungspflicht des SVT objektiv feststeht.[142] Ausreichend für den Beginn der Verjährung ist bereits schlichtes Verwaltungshandeln.[143]

 

Rz. 194

Der BGH[144] hat die Rechtsfrage, ob § 113 SGB VII eine Rechtsgrund-[145] oder eine Rechtsfolgenverweisung[146] enthält, zugunsten der Rechtsfolgenverweisung entschieden. Es hat eine taggenaue Berechnung der Verjährungsfrist, und zwar unabhängig von einer Kenntnis des Gläubigers i.S.v. § 199 Abs. 1 BGB, ab der bindenden Feststellung der Leistungspflicht zu erfolgen. Für den Verjährungsbeginn nach § 113 S. 1 SGB VII genügt allein die bindende Leistungspflichtfeststellung des UVT, eine Bewilligung konkreter Leistungen wird nicht verlangt. Es kommt es nur darauf an, dass die für den Anspruch aus § 110 I SGB VII bedeutsame Frage, ob ein Versicherungsfall vorliegt, endgültig geklärt ist, nicht aber darauf, dass die vom UVT zu gewährende Leistung auch der Höhe nach endgültig.

[138] BGH v. 24.2.1970 – VI ZR 140/68 – MDR 1970, 405 = VersR 1970, 365; BGH v. 21.12.1971 – VI ZR 137/70 – MDR 1972, 508 = NJW 1972, 445 = VersR 1972, 271. OLG Frankfurt v. 1.7.1970 – 17 U 9/70 – VersR 1972, 92.
[139] BT-Drucks 13/2204 v. 24.8.1995.
[140] OLG Brandenburg v. 9.12.2014 – 3 U 48/13 – BeckRS 2015, 00150 m.w.H. = openJur 2014, 26869 = SVR 2015, 139 (Anm. Lang); das OLG hat zu der Frage, wie § 113 SGB VII zu verstehen ist, die Revision zugelassen (Vorinstanz zu BGH v. 8.12.2015 – VI ZR 37/15 – MDR 2016, 588 = NJW-Spezial 2016, 202 = r+s 2016, 207 = VersR 2016, 551). Möhlenkamp, Zur Verjährung von Regressansprüchen nach § 110 SGB VII – Anwendung und zur Auslegung des § 113 Abs. 1 SGB VII, VersR 2013, 544 (546); Marburger, Schadenersatzansprüche gesetzlicher Krankenkassen und Haftungsausschlüsse nach §§ 104 ff. SGB VII, VersR 2009, 1596 (1597). A.A.: OLG Dresden Urt. v. 29.9.2011 – 8 U 374/11, r+s 2012, 623 (Anm. Lemcke) (Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH zurückgewiesen durch nicht begründeten Beschl. v. 18.12.2012 – VI ZR 270/11).
[141] OLG Celle v. 16.2.2017 – 5 U 89/16 – DGUV-Forum 2017, 41; LSG Baden-Württemberg v. 28.9.2011 – L 5 KR 2152/10 – juris.
[142] Siehe BGH v. 8.7.2003 – VI ZR 274/02 – BB 2004, 164 (nur Ls.) = BGHReport 2003, 1201 = BGHZ 155, 342 = DAR 2003, 512 = HVBG-Info 2003, 2869 = NJW 2003, 3193 = r+s 2003, 524 = SP 2003, 376 = SVR 2004, 74 (Anm. Engelbrecht) = zfs 2003, 542 (Berufung zu OLG Hamm v. 18.6.2002 – 29 U 81/01 – HVBG-Info 2003, 811 = r+s 2002, 460 [Anm. Lemcke r+s 2002, 441]) (BG ist trotz objektiver Unkenntnis über ihre Zuständigkeit auch bei Leistungen seitens einer Krankenkasse allein zuständig).
[143] OLG Dresden v. 29.5.2012 – 9 U 871/11. A.A.: OLG Dresden v. 29.9.2011 – 8 U 374/11 – r+s 2012, 623 = UV-Recht Aktuell 2011, 1367 (BGH Beschl. v. 18.12.2012 – VI ZR 270/11 – hat Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen...

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