Rz. 416

Bei Behörden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften beginnt die Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst dann zu laufen, wenn der zuständige Bedienstete der verfügungsberechtigten Behörde Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen hat.[368]

 

Rz. 417

Werden Ansprüche zunächst nur von der Krankenkasse oder nur von der Pflegekasse angemeldet, kommt es zwar für den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis des jeweils zuständigen Sachbearbeiters der Pflege- oder Pflegekasse an.[369] Da aber die Aufgaben der sozialen Pflegeversicherung von den Krankenkassen (§ 4 Abs. 2 SGB V) wahrgenommen werden (§ 21a Abs. 2 SGB I, §§ 1 Abs. 3, 46 SGB XI), ist die Organisation wechselseitig so einzurichten, dass beide Rechtskörperschaften ihre Rechte gegen Verjährung sichern können. Fehlt es an einer solchen Informationslinie, liegt ein Organisationsverschulden vor, dass zu einer grob fahrlässigen Unkenntnis führt (siehe auch Rdn 350 ff.).

 

Rz. 418

Das gilt auch im Rahmen von Teilungsabkommen.[370]

[368] BGH v. 17.4.2012 – VI ZR 108/11 – BGHZ 193, 67 = DB 2012, 1327 = MDR 2012, 766 = NJW 2012, 2644 (Anm. Schulz) = NZS 2012, 625 (nur Ls.) = NZV 2013, 25 (Anm. Küppersbusch) = r+s 2012, 308 = VersR 2012, 1005 (Revisionsentscheidung zu OLG Hamm v. 28.2.2011 – I-6 U 217/10 – NZS 2011, 640 (nur Ls.) = r+s 2011, 225); BGH v. 15.3.2011 – VI ZR 162/10 – MDR 2011, 596 = NJW 2011, 1799 = NJW-Spezial 2011, 266 = SP 2011, 212 = VersR 2011, 682 (Kommt es für den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters der Pflegekasse an, ist die Kenntniserlangung durch den Beschäftigten für die Verjährung der Forderungen der Pflegekasse nur relevant, wenn und soweit der Bedienstete bei der Abwicklung des Schadensfalles für diese handelt); BGH v. 12.5.2009 – VI ZR 294/08 – BGHReport 2009, 875 = DB 2009, 1459 = MDR 2009, 926 = NJW-RR 2009, 1471 = NZV 2009, 447 (nur Ls.) = r+s 2009, 351 = SP 2009, 343 (nur Ls.) = SVR 2009, 382 = VersR 2009, 989 = VRS 117, 4 = WM 2009, 1526 = zfs 2009, 620; BGH v. 9.1.2007 – VI ZR 139/06 – BGHReport 2007, 285 = DAR 2007, 205 = MDR 2007, 583 = NJW-RR 2007, 467 = NJW-Spezial 2007, 114 = NZV 2007, 187 = r+s 2007, 125 (Anm. Lemcke) = SP 2007, 131, 136 = VerkMitt 2007, Nr. 54 = VersR 2007, 371 = VRS 112, 204 = zfs 2007, 454 (Anm. Müller/Matlach zfs 2007, 366); BGH v. 28.11.2006 – VI ZR 196/05 – BauR 2007, 597 (nur Ls.) = DAR 2007, 265 (nur Ls.) = FamRZ 2007, 390 (nur Ls.) = MDR 2007, 463 = NJW 2007, 834 = NJW-Spezial 2007, 113 = NZV 2007, 131 = r+s 2007, 123 (Anm. Lemcke) = SP 2007, 101 = SVR 2007, 144 (nur Ls.) (Anm. Lang) = VersR 2007, 513 = VRS 112, 249; BGH v. 27.3.2001 – VI ZR 12/00 – NJW 2001, 2535 = NZV 2001, 464 = r+s 2001, 287 = VersR 2001, 863; BGH v. 13.5.1997 – VI ZR 181/96 – DB 1997, 2073 = MDR 1997, 829 = NJW 1997, 3447 = NZV 1997, 396 = WM 1997, 1710; OLG Bremen v. 18.9.2002 – 1 U 44/02 (a) – OLGR 2003, 58; OLG Hamm v. 11.3.2016 – I-9 U 40/15 – jurisPR-VerkR 7/2017 Anm. 3 (Anm. Lang) = NZS 2016, 467 = VersR 2017, 252 (Vorinstanz LG Bochum v. 19.12.2014 – I-4 O 384/13 – juris zu wiederkehrenden Leistungen) (Sind in einer regressbefugten Behörde mehrere Stellen für die Bearbeitung eines Schadensfalls zuständig – nämlich die Leistungsabteilung hinsichtlich der Einstandspflicht gegenüber dem Verletzten und die Regressabteilung bezüglich der Geltendmachung von Schadensersatz- oder Regressansprüchen gegenüber Dritten –, kommt es für den Beginn der Verjährung von Regressansprüchen grundsätzlich auf den Kenntnisstand der Bediensteten der Regressabteilung an.); OLG Köln v. 13.4.1999 – 15 U 143/98 – VersR 2001, 255. Siehe auch OLG Hamm v. 12.5.1995 – 20 U 37/95 – BB 1995, 2083 = VersR 1996, 878 (Kenntniszurechnung im Rahmen von § 814 BGB: Entscheidend ist das Wissen des die Leistung bewirkenden Mitarbeiters der juristischen Person; die Kenntnis einer anderen [konkret: Vertrags-]Abteilung wird nicht zugerechnet).
[369] BGH v. 15.3.2011 – VI ZR 162/10 – MDR 2011, 596 = NJW 2011, 1799 = NJW-Spezial 2011, 266 = SP 2011, 212 = VersR 2011, 682.
[370] BGH v. 27.3.2001 – VI ZR 12/00 – NJW 2001, 2535 = NZV 2001, 464 = r+s 2001, 287 = VersR 2001, 863 (Haben die Parteien eines Teilungsabkommen eine Ausschlussfrist vereinbart, nach der Ansprüche nur geltend gemacht werden können, wenn sie innerhalb von 3 Jahren seit Kenntnis vom Schadenfall angemeldet worden sind, so kann es für den Fristbeginn auf die Kenntnis der Mitarbeiter der Regressabteilung anstelle derjenigen der Leistungsabteilung ankommen).

(1) Grobe Fahrlässigkeit

 

Rz. 419

 

Hinweis

Siehe Rdn 342 ff., 348 f., 397; ferner Beispiel 5.5 (Rdn 63).

 

Rz. 420

Nicht nur positive Kenntnis, sondern auch grob fahrlässige Unkenntnis führt seit dem 1.1.2002 auch in älteren Fällen zur Verjährung.

 

Rz. 421

Während für rechtsmissbräuchliches Verhalten bei der Kenntnisnahme vor dem 1.1.2002 auf die zuständige Abteilung abzustellen war,[371] kann bei der Beurteilung der Frage der groben Fahrlässigkeit auch auf andere Stellen abgestellt werden (z.B. bei der Beurteilung, ob ein...

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