Rz. 789

Das konstitutive (schuldbegründende) Anerkenntnis (§ 781 BGB) schafft einen neuen, vom Unfallereignis unabhängigen neuen und selbstständigen Schuldgrund.[758] Es ersetzt ein Urteil.[759]

 

Rz. 790

Die Angabe eines nur allgemein bezeichneten Schuldgrundes schließt zwar die Annahme eines selbstständigen Schuldanerkenntnisses nicht aus.[760] Im Zweifel kann aber nicht von einem abstrakten Schuldanerkenntnis ausgegangen werden, wenn auf den Schuldgrund ausdrücklich hingewiesen wird.[761]

 

Rz. 791

Ein Ersatzverpflichteter will ohne weiteres kein konstitutives Anerkenntnis abgeben. Seine Erklärung ist vielmehr – jedenfalls ohne konkrete deutliche anderslautende Anhaltspunkte – allenfalls als deklaratorisches Anerkenntnis zu werten. Auch die vertragliche Ersetzung eines Urteiles (z.B. in Form eines außergerichtlichen Vergleiches[762]) bedeutet nicht die Schaffung eines eigenständigen Schuldgrundes.[763] Ein konstitutives Anerkenntnis ist in der Praxis unüblich und daher die seltene Ausnahme (die bereits von daher vom sich hierauf Berufenden zu beweisen ist).[764]

 

Rz. 792

Der Abschluss eines Vergleiches hat i.d.R. keine schuldumschaffende Wirkung.[765] Auch wird durch einen Vergleich die für den ursprünglichen Anspruch maßgebende Verjährungsfrist nicht geändert.[766] Durch einen Vergleich wird das ursprüngliche Schuldverhältnis nicht etwa in der Weise umgestaltet, dass die alte Forderung untergeht und eine neue Forderung an ihre Stelle tritt. Vielmehr besteht grundsätzlich das alte Rechtsverhältnis unverändert fort, sofern von den Parteien nicht erklärtermaßen etwas anderes vereinbart wurde.[767] Ein abweichender Parteiwille könnte dann anzunehmen sein, wenn zur Zeit des Vergleichsabschlusses der Anspruch einer Partei bereits verjährt war; dann kann sich aus den Umständen der übereinstimmende Wille der Parteien ergeben, das Vertragsverhältnis neu zu regeln und durch Erfüllung neuer Verpflichtungen einvernehmlich zu beenden.[768]

 

Rz. 793

Das konstitutive Anerkenntnis bedarf im Gegensatz zum deklaratorischen der Schriftform.

 

Rz. 794

Die laufende Anerkennung von Forderungen auf Erstattung der Aufwendungen für ein Unfallopfer kann insoweit konstitutiv wirken als sie den Anspruch des Gläubigers auf Ersatz zukünftiger Schäden von der Verjährungseinrede des Schuldners befreit.[769]

[758] BAG v. 18.3.1997 – 9 AZR 130/96 – BB 1997, 2224 = DB 1997, 2543 = NJW 1997, 3461 = NZA 1997, 1232; OLG Köln v. 13.4.1999 – 15 U 143/98 – VersR 2001, 255.
[759] LG Bielefeld v. 9.3.1989 – 6 O 375/88 – VersR 1990, 796 (nur Ls.) (Erklärt ein Haftpflichtversicherer im Rahmen eines Haftpflichtvergleiches schriftlich, er erkenne die geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz materieller Zukunftsschäden dem Grunde nach an, so verjähren die Ansprüche entsprechend § 218 BGB a.F. in 30 Jahren).
[760] BGH v. 8.6.1962 – V ZR 151/60 – BB 1962, 1222 = WM 1962, 1138.
[761] BGH v. 28.1.2003 – VI ZR 263/02 – NJW 2003, 1524 = NZV 2003, 225 = PVR 2003, 291 = r+s 2003, 171 = SP 2003, 155 = VersR 2003, 452 = VRS 104, 405 = zfs 2003, 281; BGH v. 26.2.2002 – VI ZR 288/00 – BGHReport 2002, 583 = NJW 2002, 1791 = NZV 2002, 265 = r+s 2002, 283 = SP 2002, 268 = VersR 2002, 996 = VRS 102, 401 = zfs 2002, 333 = ZIP 2002, 1623.
[762] BGH v. 6.3.1990 – VI ZR 44/89 – DAR 1990, 226 = MDR 1990, 809 = NJW-RR 1990, 664 = VersR 1990, 755 = zfs 1990, 28 (Verjährung bei Zwischenvergleich).
[763] BGH v. 23.10.1984 – VI ZR 30/83 – DAR 1985, 54 = MDR 1985, 479 = NJW 1985, 791 = r+s 1985, 15 = VersR 1985, 62 = VRS 68, 81 = zfs 1985, 70; KG v. 6.3.1975 – 12 U 2550/74 – NJW 1975, 1326 = VersR 1975, 564. In gleichem Sinne: BAG v. 18.3.1997 – 9 AZR 130/96 – BB 1997, 2224 = DB 1997, 2543 = NJW 1997, 3461 = NZA 1997, 1232.
[764] Siehe: BAG v. 18.3.1997 – 9 AZR 130/96 – BB 1997, 2224 = DB 1997, 2543 = NJW 1997, 3461 = NZA 1997, 1232; OLG Celle v. 26.1.1991 – 5 U 88/90 – r+s 1993, 160 = VRS 84, 161 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 29.9.1992 – VI ZR 309/91) (Die Regulierungszusage "ohne Präjudiz" ist rechtlich nicht bindend und hat nicht die Wirkung eines Anerkenntnis' i.S.v. § 218 BGB a.F.); OLG Köln v. 13.4.1999 – 15 U 143/98 – VersR 2001, 255; OLG Köln v. 16.9.1996 – 12 U 41/6 – SP 1996, 411.
[765] BGH v. 25.6.1987 – VII ZR 214/86 – BauR 1987, 692 = BB 1988, 299 = DB 1988, 752 = MDR 1988, 134 = NJW-RR 1987, 1426 = WM 1987, 1256.
[766] BGH v. 25.6.1987 – VII ZR 214/86 – BauR 1987, 692 = BB 1988, 299 = DB 1988, 752 = MDR 1988, 134 = NJW-RR 1987, 1426 = WM 1987, 1256.
[767] BGH v. 25.6.1987 – VII ZR 214/86 – BauR 1987, 692 = BB 1988, 299 = DB 1988, 752 = MDR 1988, 134 = NJW-RR 1987, 1426 = WM 1987, 1256; BGH v. 4.10.1965 – VII ZR 185/63 – WM 1966, 13, 15/16; BGH v. 27.10.1960 – II ZR 89/59 – WM 1961, 25.
[768] Siehe BGH v. 23.11.1978 – VII ZR 28/78 – WM 1979, 205.
[769] BGH v. 4.2.1986 – VI ZR 82/85 – VersR 1986, 684 = zfs 1986, 261 (Zahlungen an AOK).

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