Rz. 381

Zum besseren Verständnis, welche Gebühren von der Staatskasse zu erstatten sind, ist ein wenig auszuholen. Für das VKH-Prüfungsverfahren wird grundsätzlich keine VKH gewährt.[283] Eine Ausnahme stellt der Vergleich bzw. die Einigung im Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren dar.[284]

 

Rz. 382

Der BGH beschloss am 8.6.2004 noch zur BRAGO, dass im Falle des Abschlusses eines Vergleichs im Erörterungstermin gem. § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO Prozesskostenhilfe nur für den Vergleich, nicht aber für das gesamte PKH-Verfahren (jetzt VKH) bewilligt werden kann,[285] mit der Folge, dass nicht einmal die Prozessgebühr, erst recht nicht eine Erörterungs- oder Verhandlungsgebühr aus der Staatskasse zu erstatten seien. In seinen Beschlussgründen wies der BGH unter anderem darauf hin, dass nach der gefestigten Rechtsprechung einem Antragsteller zur Abwehr eines Begehrens, das mangels Antragszustellung noch nicht rechtshängig geworden ist, im Allgemeinen keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.[286] Der BGH war der Auffassung, dass diese Erwägungen grundsätzlich auch für den Fall gelten, dass eine Partei PKH (jetzt VKH) für einen beabsichtigten Antrag begehrt, da die Voraussetzungen des § 114 ZPO solange nicht vorliegen, wie der angekündigte Antrag nicht erhoben ist.

 

Rz. 383

Der BGH verneinte in seinem Beschluss eine Übernahme sowohl der Prozess- als auch der Erörterungsgebühr nach BRAGO mit der Folge, dass diese Entscheidung teilweise von Gerichten auch auf das RVG analog angewendet wurde, und eine Verfahrens- und Terminsgebühr in derartigen Fällen nicht von der Staatskasse erstattet wurden. Wichtig ist zu wissen, dass diese BGH-Rechtsprechung aber nicht den Fall des § 48 Abs. 3 RVG betraf (Erstreckung der Beiordnung in der Ehesache auf eine Scheidungsvereinbarung mit entsprechenden Regelungsgegenständen), sondern den Vergleichsabschluss im VKH-Prüfungsverfahren. Vielfach wurde diese BGH-Entscheidung falsch zitiert bzw. auch auf § 48 Abs. 3 RVG angewendet, obwohl diese beiden Fälle voneinander zu unterscheiden sind.

 

Rz. 384

In der Praxis war es daher äußerst strittig, welche Kosten bei Anwendung des § 48 Abs. 3 RVG zu übernehmen sind. Bei der Erstattung der Vergütung aus der Staatskasse hat die Rechtsprechung mehr oder weniger alles vertreten, was überhaupt denkbar ist.[287] Nur selten wurde die Rechtsprechung der Tatsache gerecht, dass durch die mangelnde Kostenerstattung ggf. die VKH-berechtigte Partei dazu veranlasst worden ist, keine Einigung i.S.d. § 48 Abs. 3 RVG protokollieren zu lassen. Mit dem 2. KostRMoG hat der Gesetzgeber zumindest die Fälle des § 48 Abs. 3 RVG nun klar geregelt, vgl. dazu die nachstehenden Randnummern. Weiter strittig bleibt die Frage, was die Staatskasse zu erstatten hat, wenn nicht ein Fall des § 48 Abs. 3 RVG vorliegt sondern vielmehr lediglich für den Vergleichsabschluss im VKH-Prüfungstermin ggf. auch über weder rechts- noch im VKH-Verfahren anhängige Ansprüche geschlossen wird.

[283] BGHZ 91, 311 = NJW 1984, 2106.
[284] OLG München Rpfleger 1987, 173 = AnwBl 1987, 101 = JurBüro 1987, 442.
[285] BGH NJW 2004, 2595 im Anschluss an BGHZ 91, 311 = NJW 1984, 2106.
[286] OLG Zweibrücken FamRZ 1985, 301; OLG Karlsruhe FamRZ 1988, 1182; OLG Bremen FamRZ 1989, 198; LG Koblenz FamRZ 1998, 1300; OLG Jena OLG-NL 2001, 42.
[287] Nur Einigungsgebühr, keine Differenzverfahrensgebühr und keine Terminsgebühr: OLG Bamberg FamRZ 2008, 2142; OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 714 = JurBüro 2009, 98; OLG Oldenburg FamRZ 2010, 400 = JurBüro 2010, 93; OLG Celle FamRZ 2011, 835 = JurBüro 2011, 196 = NJW-RR 2011, 716; OLG Rostock FamRZ 2008, 708 = JurBüro 2008, 373; nur Einigungsgebühr und Differenzverfahrensgebühr, keine Terminsgebühr: OLG Hamm FamFR 2012, 354; “OLG Schleswig FamRZ 2012, 1418; OLG München FamRZ 2009, 1780 = JurBüro 2009, 478 = MDR 2009, 1315; AG Koblenz FamRZ 2006, 1219; OLG Schleswig AGS 2012, 404 (Terminsgebühr wurde hier jedoch nicht geltend gemacht); Festsetzung neben der Einigungsgebühr auch der Differenzverfahrensgebühr und der Terminsgebühr: OLG Schleswig SchlHA 2012, 109; OLG Koblenz FamRZ 2009, 143 = NJW 2009, 237; OLG Köln FamRZ 2008, 707 = NJW-Sepzial 2007, 523; OLG Saarbrücken NJW 2008, 3150 = FamRZ 2009, 143 = RVGReport 2008, 384; OLG Stuttgart FamRZ 2008, 1010 = JurBüro 2008, 306 = AnwBl 2008, 303; OLG Nürnberg NJW 2011, 1297 = AnwBl 2011, 230 = FamRZ 2011, 1976 = FamFR 2011, 88; OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 2114 = NJW 2010, 1383 = FamFR 2009, 98 = JurBüro 2009, 590; OLG Bamberg FamRZ 2010, 231.

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