Rz. 648

§ 20 RVG gilt auch für Verfahren vor dem Familiengericht.

 

Rz. 649

In § 20 S. 1 RVG ist die sog. Horizontalverweisung geregelt. Damit sind die Fälle gemeint, in denen eine Verweisung/Abgabe einer Sache an ein anderes Gericht wegen örtlicher oder sachlicher Unzuständigkeit oder aber auch wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges an ein anderes Gericht der gleichen instanzlichen Ebene verwiesen wird.

 

Rz. 650

 

Beispiel

Das Amtsgericht München – Familiengericht – verweist das Verfahren wegen örtlicher Unzuständigkeit an das Amtsgericht Rosenheim – Familiengericht.

Das Landgericht Bonn (1. Instanz) verweist wegen Unzuständigkeit des zivilgerichtlichen Rechtsweges an das Familiengericht Siegburg.

 

Rz. 651

In § 20 RVG wird somit unterschieden, ob eine Sache auf der gleichen instanzlichen Ebene verwiesen wird, oder aber an ein Gericht eines niedrigeren Rechtszuges. Erfolgt die Verweisung an ein Gericht der gleichen instanzlichen Ebene, handelt es sich um einen Rechtszug, mit der Folge, die sich aus § 15 Abs. 2 RVG ergibt, dass die Gebühren nur einmal berechnet werden können. Dabei ist zu beachten, dass dies nur dann gilt, wenn derselbe Rechtsanwalt die Angelegenheit weiter betraut. Wird ein anderer Rechtsanwalt vor dem übernehmenden Gericht beauftragt, so entstehen die Gebühren für diesen neu.

 

Rz. 652

Verringert sich der Gegenstandswert nach Verweisung, kann der Rechtsanwalt die vor Verweisung entstandenen Gebühren aus dem höheren Wert berechnen.

Sofern sich der Verfahrenswert nach Verweisung erhöht, erhält der Rechtsanwalt die Gebühren nach dem höheren Wert nur, soweit sie vor dem übernehmenden Gericht entstehen.

 

Rz. 653

Bei der Vertikalverweisung wird ein Verfahren von einem Rechtsmittelgericht an ein im Instanzenzug untergeordnetes Gericht zurückverwiesen. Die Vertikalverweisung betrifft regelmäßig die Fälle des § 21 RVG. Zur Zurückverweisung siehe Rdn 656 unten.

 

Rz. 654

Damit die Verweisung nach § 20 S. 2 RVG nicht mit der Zurückverweisung (§ 21 RVG) verwechselt wird, ist zwischen den Begriffen "Gericht eines niedrigeren Rechtszugs" und "Gericht eines untergeordneten Rechtszugs" zu unterscheiden. Die Verweisung nach § 20 S. 2 RVG erfolgt immer in einer Rechtsmittelinstanz. Nur so ist die Verweisung an ein Gericht eines niedrigeren Rechtszugs möglich. § 20 S. 2 RVG stellt klar, dass das weitere Verfahren vor diesem Gericht ein neuer Rechtszug ist, mit der Folge, dass alle Gebühren ausnahmslos neu entstehen können. Eine Anrechnungsvorschrift ist nicht vorgesehen, auch nicht für die Verfahrensgebühr. Wird eine Sache an ein Gericht eines untergeordneten Rechtszugs verwiesen, so ist dieses Gericht, an das zurückverwiesen wird, bereits mit der Sache befasst gewesen. Bei einer Verweisung nach § 20 S. 2 RVG kommt dies nicht in Betracht, da hier klargestellt ist, dass bei dieser Art Verweisung (Diagonalverweisung) die Sache an ein Gericht eines niedrigeren Rechtszugs verwiesen wird. Ein Gericht eines niedrigeren Rechtszugs ist jedoch dem Gericht, das die Sache verweist, nicht untergeordnet.

 

Rz. 655

Die in § 20 S. 2 RVG genannte Diagonalverweisung ist in der Praxis sehr selten. Kommt Sie vor, wird es teuer:

Zitat

"1. Wird eine Sache im Rechtsmittelverfahren an ein Gericht eines niedrigeren Rechtszugs verwiesen oder abgegeben, so ist das weitere Verfahren vor diesem Gericht gem. § 20 S. 2 RVG auch gegenüber dem Verfahren des zuerst angerufenen Gerichts eine eigene Angelegenheit im Sinne des § 15 II RVG. Eine Anrechnung der Gebühren findet nicht statt."

2. Die Vorschrift des § 20 S. 2 RVG gilt unabhängig davon, ob das ursprünglich angerufene erstinstanzliche Gericht seine Zuständigkeit bejaht oder verneint hat.“[394]

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