Rz. 526

Erscheint der Antragsteller zum Scheidungstermin nicht, gilt der Antrag als zurückgenommen, § 130 Abs. 1 FamFG. Der Gesetzgeber hat in § 130 Abs. 1 FamFG mit der Rücknahmefiktion erreicht, dass keine materielle Rechtskraft über den Scheidungsantrag ergeht, was ihm vorzugswürdig gegenüber einer Abweisung des Antrags entsprechend § 330 ZPO erschien.

Erscheinen beide Beteiligte nicht zum Termin, wird das Gericht dies ebenfalls als Rücknahmefiktion werten.

 

Rz. 527

Eine Versäumnisentscheidung gegen den Antragsgegner sowie eine Entscheidung nach Aktenlage in Ehesachen ist unzulässig, § 130 Abs. 2 FamFG.

 

Praxistipp

Es darf zwar keine Versäumnisentscheidung, jedoch gegen den Antragsgegner ein streitiger Beschluss ergehen, wenn das Gericht nach Anhörung des Beteiligten von der Zerrüttung der Ehe überzeugt ist. So soll vermieden werden, dass ein Antragsgegner, der sich möglicherweise im Ausland aufhält und einfach nicht zur Scheidung erscheint, diese für eine lange Zeit "torpedieren" kann. Dabei hat das Gericht § 127 Abs. 1 FamFG zu beachten und von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

§ 130 FamFG gilt für sämtliche Ehesachen (also auch z.B. die Aufhebung der Ehe etc.).

 

Rz. 528

Soweit eine Familienstreitsache im Verbund zu entscheiden ist, kann jedoch ein einheitlicher Versäumnisbeschluss ergehen, § 142 Abs. 1 S 2 FamFG.

 

Rz. 529

In den Familienstreitsachen gilt:

Aufgrund des Verweises in § 113 Abs. 1 FamFG auf die Vorschriften der ZPO für das landgerichtliche Verfahren für Ehesachen und Familienstreitsachen, kann z.B. in einem Verfahren auf Ehegattenunterhalt eine Säumnisentscheidung ergehen. Die nachstehend dargelegte Rechtsprechung ist zur ZPO und damit zum Versäumnisurteil ergangen, kann aber aufgrund der Verweisungsnorm in § 113 FamFG m.E. auf die Ehesachen und Familienstreitsachen auf dortige Versäumnisentscheidungen oder Versäumnisbeschlüsse entsprechend Anwendung finden.

 

Rz. 530

Der Rechtsanwalt erhält, wenn nur ein Termin stattgefunden hat, in dem lediglich eine Versäumnisentscheidung beantragt oder ein Antrag auf Prozess-, Verfahrens- und Sachleitung gestellt wurde, weil eine Partei oder ein Beteiligter nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten war, eine Gebühr in Höhe von 0,5 gemäß Nr. 3105 i.V.m. 3104 VV RVG.

 

Rz. 531

Muster 59: Musterrechnung 5.59: Antrag – Versäumnisbeschluss

 

Musterrechnung 5.59: Antrag – Versäumnisbeschluss

Es wird Antrag auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs eingereicht, der Antragsgegner erscheint zum Termin nicht, es ergeht antragsgemäß Versäumnisbeschluss. Der Gegenstandswert beträgt 6.555,00 EUR.

Gegenstandswert: 6.555,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 1, 35 FamGKG

 

1,3 Verfahrensgebühr

Nr. 3100 VV RVG
579,80 EUR

0,5 Terminsgebühr

Nr. 3105 VV RVG
223,00 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 822,80 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 156,33 EUR
Summe 979,13 EUR

Zum Gegenstandswert siehe § 4 Rdn 192 in diesem Werk.

 

Rz. 532

Findet nach dem Versäumnisbeschluss aufgrund eines Einspruchs eine Verhandlung zur Hauptsache oder bei verfristetem Einspruch eine Verhandlung über den Einspruch statt, erhält der Rechtsanwalt hierfür keine zusätzlichen Gebühren (mehr). Die Terminsgebühr i.H.v. 0,5 nach Nr. 3105 VV RVG geht dann in einer Terminsgebühr i.H.v. 1,2 nach Nr. 3104 VV RVG auf. Der Rechtsanwalt erhält also die Gebühr für einen Versäumnisbeschluss nicht mehr gesondert, wenn nach dem Versäumnisbeschluss aufgrund eines Einspruchs die Angelegenheit in der gleichen Instanz weiter betrieben wird. Insoweit handelt es sich beim Wortlaut "Wahrnehmung nur eines Termins …" bei "nur eines" um ein Zahlwort und nicht um einen unbestimmten Artikel.[346]

 

Rz. 533

Muster 60: Musterrechnung 5.60: Antrag – Versäumnisbeschluss – Einspruch – Verhandlung

 

Musterrechnung 5.60: Antrag – Versäumnisbeschluss – Einspruch – Verhandlung

Es wird ein Antrag auf Zahlung von Zugewinnausgleich eingereicht, der Antragsgegner erscheint zum Termin nicht, es ergeht antragsgemäß eine Versäumnisentscheidung. Fristgerecht wird Einspruch gegen diese Entscheidung eingelegt. Der Antragsgegner erscheint im danach anberaumten Termin zur Hauptsache. Es ergeht ein dem Antrag stattgebender Beschluss. Der Gegenstandswert beträgt 6.555,00 EUR.

Gegenstandswert: 6.555,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG, 35 FamGKG

 

1,3 Verfahrensgebühr

Nr. 3100 VV RVG
579,80 EUR

1,2 Terminsgebühr

Nr. 3104 VV RVG
535,20 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 1.135,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 215,65 EUR
Summe 1.350,65 EUR

Zum Gegenstandswert siehe § 4 Rdn 192 in diesem Werk.

 

Rz. 534

Voraussetzungen für eine 0,5 Terminsgebühr sind somit:

Wahrnehmung nur eines Termins
in dem eine Partei oder ein Beteiligter entweder nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist
und lediglich
ein Antrag auf Versäumnisurteil, Versäumnisentscheidung oder
zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung gestellt wird.
 

Rz. 535

Im Umkehrschluss bedeutet ...

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