a) Grundsatz

 

Rz. 52

Der Bedarf der nicht verheirateten Kindsmutter bestimmt sich grds. nach der Lebensstellung der Kindsmutter, insbesondere nach dem Einkommen, das sie ohne die Geburt des Kindes heute hätte (vgl. im Einzelnen Fall 23, siehe § 5 Rdn 1 ff.).

 

BGH, Urt. v. 13.1.2010 – XII ZR 123/08

Das Maß des nach § 1615l Abs. 2 BGB zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Anspruchsberechtigten. Denn nach § 1615l Abs. 1 BGB sind auf den Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils eines nichtehelich geborenen Kindes die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten und somit auch § 1610 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden.

 

Rz. 53

Vgl. auch Nr. 18 der im Einzelfall anwendbaren Leitlinien bzw. der SüdL (Anhang Nr. 3).

 

BGH, Beschl. v. 15.5.2019 – XII ZB 357/18 Rn 23

Das Oberlandesgericht ist dem Grunde nach zutreffend davon ausgegangen, dass für die Bedarfsbemessung gemäß § 1615l Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 1610 Abs. 1 BGB – jedenfalls zu Lebzeiten des Unterhaltspflichtigen – auf die Lebensstellung der Antragstellerin, das heißt auf das Einkommen abzustellen ist, das sie als Lehrerin ohne die Geburt des Kindes erzielt hätte. Demgemäß ist es nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die absehbaren Gehaltssteigerungen für die Antragstellerin mit in seine Erwägungen einbezogen hat (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 205, 342 = FamRZ 2015, 1369 Rn 34).

 

BGH, Beschl. v. 10.6.2015 – XII ZB 251/14 Tz. 34 = BeckRS 2015, 11758

Die Lebensstellung des nach den §§ 1615l Abs. 2, 1610 Abs. 1 BGB Unterhaltsberechtigten richtet sich danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte. Sie ist deshalb nicht auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes festgeschrieben, so dass sich später ein höherer Bedarf ergeben kann (teilweise Aufgabe der Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 und vom 13.1.2010 – XII ZR 123/08, FamRZ 2010, 444). (amtl. Ls)

 

Rz. 54

Unerheblich sind die Lebensverhältnisse in der (gescheiterten) nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Eltern des Kindes (vgl. Fall 23, siehe § 5 Rdn 1 ff.).

b) Obergrenze

 

Rz. 55

Die Kindsmutter darf aber nie besser gestellt werden als sie im Falle einer Ehe mit dem Kindsvater stünde.

 

BGH, Urt. v. 16.12.2009 – XII ZR 50/09

War der betreuende Elternteil bis zur Geburt des Kindes erwerbstätig, bemisst sich seine Lebensstellung nach seinem bis dahin nachhaltig erzielten Einkommen. Der Unterhaltsbedarf ist deswegen an diesem Einkommensniveau auszurichten, soweit dies nicht dazu führt, dass dem Unterhaltsberechtigten aus eigenen Einkünften und Unterhaltszahlungen insgesamt mehr zur Verfügung steht, als dem Unterhaltspflichtigen verbleibt (vgl. Urt. v. 15.12.2004 – XII ZR 121/03, FamRZ 2005, 442, 443 f.).

 

BGH, Urt. v. 16.7.2008 – XII ZR 109/05

Obergrenze ist der Unterhaltsbetrag, der im Falle einer (gedachten) Ehe mit dem Kindsvater geschuldet wäre (Begrenzung durch Halbteilungsgrundsatz).

2016 hat der BGH noch offen gelassen, ob eine Begrenzung des Bedarfs nach dem Halbteilungsgrundsatz geboten ist oder ob der Halbteilungsgrundsatz nur bei der Frage der Leistungsfähigkeit (eheangemessener Selbstbehalt) zu wahren ist.

 

BGH, Urt. v. 16.3.2016 – XII ZR 148/14 Tz. 21

Demnach kann auch offenbleiben, ob die Senatsrechtsprechung zur Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB im Wege des Halbteilungsgrundsatzes (Senatsurteil vom 15.12.2004 – XII ZR 121/03, FamRZ 2005, 442) zu überprüfen ist und ob es sich hierbei um eine Frage des Bedarfs oder der Leistungsfähigkeit handelt.

Nunmehr hat sich der BGH für die Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes bereits auf Bedarfsebene ausgesprochen.

 

BGH, Beschl. v. 15.5.2019– XII ZB 357/18 Rn 23

Das Oberlandesgericht hat weiter zu Recht darauf hingewiesen, dass der unterhaltsberechtigten Mutter aus eigenen Einkünften und Unterhaltszahlungen jedenfalls nicht mehr zur Verfügung stehen darf, als dem unterhaltspflichtigen Vater verbleibt, weshalb ihr Unterhaltsbedarf zusätzlich durch den Grundsatz der Halbteilung begrenzt ist (Senatsurteil vom 15.12.2004 – XII ZR 121/03, FamRZ 2005, 442, 443 ff.).

c) Untergrenze

 

Rz. 56

Der Bedarf der Kindsmutter darf jedoch nicht niedriger als das Existenzminimum (960 EUR) angesetzt werden.

 

BGH, Urt. v. 13.1.2010 – XII ZR 123/08

Der Unterhaltsanspruch nach § 1615l Abs. 2 BGB soll dem Berechtigten – wie auch der nacheheliche Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB – eine aus kind- und elternbezogenen Gründen notwendige persönliche Betreuung und Erziehung des gemeinsamen Kindes in den ersten Lebensjahren ermöglichen. Er muss deswegen jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten abdecken. Auch wenn der betreuende Elternteil vor der Geburt des Kindes von Sozialleistungen gelebt hat oder seine Einkünfte darunter lagen und er deswegen auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen war, konnte er von einer gesicherten Lebensstellung in Höhe des Existenzminimums ausgehen. Einem Unterhaltsbedarf in Höhe des Existenzminimums stehen auch keine sonstigen unterhaltsrechtlichen Argumente entgegen, zumal der ...

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