Rz. 148

 

Zum Thema

Jahnke "Ausgewählte Probleme für die Schadenregulierung", S. 139 ff.

 

Rz. 149

Manchmal genießt ein Selbstständiger unvermuteten Schutz nach § 105 II SGB VII. Diese Vorschrift wurde mit dem SGB VII zum 1.1.1997 neu eingeführt und scheint in die Praxis auch der UVT noch nicht ausreichend eingeführt.

 

Rz. 150

 

§ 105 SGB VII – Beschränkung der Haftung anderer im Betrieb tätiger Personen

(1) 1Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben.

2Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 versicherungsfrei sind.

3§ 104 Abs. 1 S. 2, Absätze 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) 1Abs. 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind.

2Soweit nach S. 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen.

3Für die Berechnung von Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als Jahresarbeitsverdienst.

4Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs erbracht.

 

Rz. 151

Für Unfälle ab dem 1.1.1997 bezieht § 105 II SGB VII ausnahmsweise auch gänzlich unversicherte Personen zwangsweise in den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz mit ein und nimmt dabei zugleich in Kauf, dass ganz erheblich weitergehende zivilrechtliche Ersatzansprüche abgeschnitten werden.

 

Rz. 152

Nach § 105 II 1 SGB VII gilt der Haftungsausschluss unter Betriebsangehörigen (i.S.d. § 105 I SGB VII) entsprechend, wenn ein nicht-versicherter Unternehmer geschädigt worden ist. Als Konsequenz dieser Haftungsbeschränkung wird dem geschädigten – und nicht versicherten – Unternehmer ein (durch § 105 II 2 – 4 SGB VII allerdings modifizierter) eigener Leistungsanspruch gegenüber dem UVT dadurch gewährt, dass man ihn einem versicherten Unternehmer gleichstellt.

1. Personenkreis

 

Rz. 153

Ausgeschlossen ist vor allem die Haftung desjenigen, der durch eine betriebliche Tätigkeit den nicht-versicherten Unternehmer des Betriebes geschädigt hat. Die Privilegierung gilt auch, wenn der nicht-versicherte Unternehmer durch einen in seinen Betrieb faktisch Eingegliederten (§ 2 II SGB VII) verletzt wird.[126]

 

Rz. 154

§ 105 II SGB VII erfasst nicht solche Unternehmer, die schon aufgrund § 2 II SGB VII Versicherungsschutz genießen. Derjenige Unternehmer, der sich freiwillig selbst versichert, ist "Versicherter desselben Betriebes" und unterfällt von daher bereits § 105 I SGB VII.[127]

 

Rz. 155

Nicht miteinbezogen sind nach dem Gesetzeswortlaut die unternehmerähnlichen Personen (vgl. § 6 I Nr. 2 SGB VII) und die nicht-versicherten, aber zu freiwilliger Versicherung berechtigten, mitarbeitenden Ehegatten/Lebenspartner (§ 6 I Nr. 1 SGB VII).

 

Rz. 156

Soweit ein Beschäftigter bei betrieblicher Tätigkeit seinen Arbeitgeber verletzt, kommt es für den Personenschaden auf die Grundsätze der gefahrgeneigten Arbeit mit abgewogener Risikoverteilung im direkten Ausgleichsverhältnis nicht mehr an. Der Arbeitnehmer haftet nur nach Maßgabe des § 105 I SGB VII, also für Vorsatz und bei Wegeunfällen.

[126] Lemcke ZAP (Heft 23 v. 9.12.1998) Fach 2, S. 213.
[127] Lemcke ZAP (Heft 23 v. 9.12.1998) Fach 2, S. 213, Otto "Ablösung der §§ 636 bis 642 RVO durch das neue Unfallversicherungsrecht" NZV 1996, 473 (475).

2. Voraussetzungen des Leistungsanspruchs

 

Rz. 157

Der nicht-versicherte Unternehmer ist mit sämtlichen zivilrechtlichen Ansprüchen gegenüber dem Schädiger ausgeschlossen und erhält insbesondere auch kein Schmerzensgeld. Er erhält unter den besonderen Voraussetzungen des § 105 II SGB VII einen Leistungsanspruch gegenüber dem gesetzlichen UVT, obwohl er an diesen zuvor keinerlei Leistungen (anders als der versicherte Unternehmer) erbrachte.

a) Zivilrechtliche Haftung des Schädigers

 

Rz. 158

Der verletzte nicht-versicherte Unternehmer wird nur dann einem Versicherten gleichgestellt, wenn die Voraussetzungen einer zivilrechtlichen Haftung des Schädigers gegenüber dem geschädigten, allerdings nicht-versicherten, Unternehmer vorliegen (§ 105 II 2 Hs. 2 SGB VII).

 

Rz. 159

Besteht bereits kein zivilrechtlicher Anspruch (z.B. bei fehlendem Verschulden des Schädigers oder bei Eingreifen des § 8a I 1 StVG a.F. [Unfall bis 1.8.2002] gegenüber Insassen, aber auch bei Vorliegen der von der Rechtsprechung erarbeiteten arbeitsrechtlichen Haftungsbeschränkungen), wird der Haftungsausschluss eben nicht durch § 105 II 1 SGB VII erst herbeigeführt.

 

Rz. 160

Eine bloße Mitverantwortung des Geschädigten bei der Herbeiführung des schadenstiftenden Ereignisses (Haftung dem Grunde nach) berührt den Anspruch gegenüber dem UVT nicht, solange danach nicht die zivilrechtl...

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