Rz. 28

Besonderheiten gelten auch bei unternehmerischer Tätigkeit des Erblassers, da insoweit die handels- und gesellschaftsrechtlichen Vorschriften die erbrechtlichen überlagern und aus den Erblasserschulden (zugleich gesellschaftsrechtliche) Eigenverbindlichkeiten machen können, sodass die Haftungsbeschränkungsvorschriften des Erbrechts nicht helfen.

 

Hinweis

Ob der Erbe zumindest aus der Haftung für die Altverbindlichkeiten durch Anfechtung der Annahme der Erbschaft rauskommt, ist ungeklärt. Wegen der unbestrittenen Möglichkeit der Ausschlagung und der gesetzlichen Gleichstellung von Ausschlagung und Anfechtung der Annahme (§ 1957 Abs. 1 BGB) aber m.E. zu bejahen. In Betracht kommen aber u.U. Ansprüche aus § 122 BGB oder über die Grundsätze einer fehlerhaften Gesellschaft.

1. Einzelkaufmännisches Unternehmen

 

Rz. 29

Schulden aus einem einzelkaufmännischen Unternehmen des Erblassers sind Erblasserschulden nach § 1967 Abs. 1 BGB. Die Haftung ist auf den Nachlass beschränkbar. Für die früheren Geschäftsschulden haftet der Erbe wie für andere Erblasserschulden unbeschränkt, aber beschränkbar.

Stellt der Erbe das Gewerbe aber nicht innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis vom Erbfall ein, so verwandeln sich die Schulden gemäß § 27 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1 S. 1 HGB in Eigenverbindlichkeiten des Erben, für die eine Haftungsbeschränkung nicht möglich ist.[87]

[87] Busch, ErbR 2012, 358; Joachim, Die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten, Rn 94.

2. Beteiligungen an Kapitalgesellschaften

 

Rz. 30

Die Haftung des Kapitalgesellschaftererben gegenüber der Gesellschaft, namentlich auf die Leistung von Einlagen, bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln des Erbrechts.[88]

[88] MüKo/Küpper, § 1976 BGB Rn 47.

3. Beteiligungen an Personengesellschaften

a) OHG oder Komplementär einer KG

 

Rz. 31

Beim Eintritt des Erben in eine OHG oder in die Stellung eines Komplementärs einer KG durch Sonderrechtsnachfolge aufgrund einer qualifizierten Fortsetzungsklausel (ohne gesellschaftsvertragliche Regelung wird die Gesellschaft ohne den Erblasser fortgesetzt und die Erben erhalten nur eine Abfindung) haftet der Erbe nach § 130 HGB für die Alt- und generell auch für die Neuverbindlichkeiten wie ein Gesellschafter nach § 128 HGB (und nicht nur wie ein Erbe), d.h. unbeschränkbar.[89] Es ist aber § 139 HGB zu beachten: Der Erbe kann sein Verbleiben in der Gesellschaft davon abhängig machen, dass ihm eine Kommanditistenstellung eingeräumt und die OHG in eine KG umgewandelt wird, § 139 Abs. 1 HGB; in diesem Fall haftet er nach § 139 Abs. 4 HGB für die Altverbindlichkeiten mit Haftungsbeschränkungsmöglichkeit. Schlägen die übrigen Gesellschafter ihm das aus, so kann er aus der Gesellschaft ausscheiden, § 139 Abs. 2 HGB, und so seine Haftungsbeschränkungsmöglichkeit erhalten, § 139 Abs. 4 HGB.[90]

 

Rz. 32

Wird ihm die Kommanditistenstellung eingeräumt, so muss er darauf achten, seine neue Position unverzüglich in das Handelsregister eintragen zu lassen, um einer Rechtsscheinhaftung aus § 176 HGB zu entgehen.[91] Gleiches gilt im Falle seines Ausscheidens (§ 143 HGB), falls ihm die Kommanditistenstellung nicht eingeräumt wird.[92] Wenn umgekehrt der Kommanditist nach Ausscheiden der übrigen Gesellschafter der einzig verbleibende Gesellschafter ist, so haftet dieser nur mit dem ihm zugefallenen Gesellschaftsvermögen.[93]

[89] Schönert, BWNotZ 2008, 81, 82; Busch, ErbR 2012, 358; BGH, Urt. v. 10.12.1990 – II ZR 256/89, ZIP 1991, 96.
[90] Schönert, BWNotZ 2008, 81, 82.
[92] Busch, ErbR 2012, 358.
[93] BGH, Beschl. v. 17.5.2022 – II ZR 110/21, BeckRS 2022, 12204.

b) GbR

 

Rz. 33

War der Erblasser Gesellschafter einer GbR, wird die Gesellschaft nach derzeit noch geltendem Recht gemäß § 727 BGB mit dem Tod eines Gesellschafters aufgelöst. Die Erben treten daher nicht in die Gesellschafterstellung des Erblassers ein, sondern erhalten nur das Abfindungsguthaben. Für evtl. Schulden der Abwicklungsgesellschaft haftet der Erbe mit der erbrechtlichen Haftungsbeschränkungsmöglichkeit auf den Nachlass.[94]

Gleiches gilt, wenn der Gesellschaftsvertrag eine reine Fortsetzungsklausel enthält. In diesem Fall wird die Gesellschaft zwar mit den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt; die Erben rücken aber nicht in seine Gesellschafterstellung ein, sondern erhalten ein Abfindungsguthaben nach Gesellschaftsvertrag. Dieses Ausscheiden der Erben aus der GbR des Erblassers, die im Übrigen weiter fortbesteht, wird gemäß § 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) zum 1.1.2024 den gesetzlichen Regelfall für die nunmehr in § 705 BGB n.F. kodifizierte rechtsfähige[95] (Außen-)GbR darstellen.[96] Für evtl. Schulden gelten die erbrechtlichen Haftungsbeschränkungsvorschriften.

 

Rz. 34

Nach altem wie nach neuem Recht treten einer oder mehrere Erben nur im Falle einer qualifizierten Fortsetzungsklausel in die Gesellschafterstellung des Erblassers ein. Für Altschulden haften sie dann nur mit dem Gesellschaftsanteil und dem (sonstigen) Nachlass mit entsprechender erbrechtlicher Haftungsbeschränkungs...

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