Rz. 29

Hat sich der betroffene Kraftfahrer in Unkenntnis um die Rechtslage auf eine rechtswidrige Aufforderung hin einer Begutachtung unterzogen, so gilt, dass die Frage der Rechtmäßigkeit der Anordnung der Vorlage eines Gutachtens dahingestellt bleiben kann, wenn das geforderte Gutachten beigebracht worden ist. Die Vorlage des Gutachtens ist nach herrschender Rechtsprechung eine neue Tatsache, die selbstständige Bedeutung hat.[32]

 

Rz. 30

Der von einer Gutachtensanforderung Betroffene steht damit vor einem Dilemma:

1. Hält er die Gutachtensanforderung für rechtswidrig, kann er sie nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung nicht selbstständig anfechten (vgl. dazu ausführlich § 18); sie soll nur eine Vorbereitungshandlung sein, die nur im Rahmen der auf sie gestützten Maßnahme (hier: Entzug der FE) überprüfbar ist (§ 44a VwGO). Will der Betroffene die Rechtmäßigkeit der Anforderung überprüfen lassen, so muss er es auf einen Entzug der FE ankommen lassen. Erst im Rahmen der Rechtmäßigkeit des wegen Nichtvorlage des geforderten Gutachtens erfolgenden Entzugs der FE (§ 11 Abs. 8 S. 1 FeV) wird überprüft, ob die Gutachtensanforderung rechtmäßig war. War die Anforderung rechtmäßig, darf die Behörde einen Entzug der FE darauf stützen. Nur wenn die Gutachtensanforderung rechtswidrig war, darf dem Betroffenen seine verweigerte Mitwirkung an der Aufklärung nicht rechtlich zum Vorwurf gemacht werden, die Behörde darf den Entzug der FE nicht darauf stützen.[33] Das ist ein enormes Risiko, dass sehr gut überlegt sein will. Denn während des Laufs des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens gegen den Entzugsbescheid kann der Antragsteller nicht am Straßenverkehr teilnehmen; er muss regelmäßig seinen Führerschein zu einem bestimmten Termin abgeben und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abwarten.
2. Legt der Betroffene das geforderte Gutachten vor, ist es in jedem Fall verwertbar. Auf die Frage, ob es zu Recht oder zu Unrecht gefordert wurde, kommt es nicht mehr an. Nur das Ergebnis des Gutachtens ist entscheidend für die Fahreignung.
[32] BVerwG zfs 1996, 318; 2002, 47 = NJW 2002, 522; VGH BW zfs 2003, 474.

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