Rz. 39

Das OLG Düsseldorf bejahte in einer Entscheidung aus dem Jahr 1956 ein rechtliches Interesse für eine Feststellungsklage eines bindend eingesetzten Mit-Schlusserben betr. die Unwirksamkeit einer lebzeitigen unentgeltlichen Veräußerung eines Nachlassgrundstücks als wesentlicher zum künftigen Nachlass gehörender Vermögenswert an einen anderen Mit-Schlusserben unter Umgehung der Bindung des überlebenden Ehegatten an eine Schlusserbeinsetzung nach § 2271 Abs. 2 BGB.[28] Der "benachteiligte" Mit-Schlusserbe habe eine Rechtsposition aus einer Erberwartung erworben, die es rechtfertige, die Unwirksamkeit der lebzeitigen Verfügung zugunsten des anderen Mit-Schlusserben feststellen zu lassen, und zwar schon zu Lebzeiten des verfügenden Erblassers, konkret: Feststellung, dass das betr. Grundstück im Vermögen des verfügenden Erblasser verblieben sei.

 

Rz. 40

Zum Sachverhalt: In einem gemeinschaftlichen Berliner Testament hatten sich Eheleute gegenseitig zu Alleinerben und die beiden gemeinschaftlichen Söhne zu Schlusserben eingesetzt. Nach dem Tode eines der Ehegatten trat in Bezug auf die Schlusserbeinsetzung eine Bindung des überlebenden Ehegatten von Todes wegen gem. § 2271 Abs. 2 BGB ein. Der überlebende Ehegatte veräußerte ein Nachlassgrundstück an einen der beiden eingesetzten Schlusserben. Das OLG Düsseldorf bejahte ein Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO des "übergangenen" Mit-Schlusserben mit der Begründung, die lebzeitige Verfügung sei eine Vorwegnahme eines widersprechenden Testaments, das analog § 2289 BGB unwirksam wäre; die Erberwartung des Mit-Schlusserben werde auf diese Weise unterlaufen. Das OLG Düsseldorf hat die lebzeitige Verfügung seinerzeit nicht unter die Regelung des § 2287 BGB (missbräuchliche Verfügung) subsumiert und deshalb abschließend in seiner Entscheidung ausgeführt:

Zitat

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Anwartschaftsberechtigte auch dann eine Feststellungsklage erheben kann, wenn ein Fall des bei gemeinschaftlichen Testamenten entspr. anwendbaren § 2287 BGB vorliegt. Jedenfalls ist die Feststellungsklage bei einer Umgehung des § 2271 Abs. 2 BGB gegeben (§ 134 BGB). Hier liegt eine Umgehungsverfügung vor. Durch sie hat der Bekl. die Möglichkeit erhalten, über das Grundstück zu verfügen oder es zu belasten. Zu der Gefährdung der Rechtsstellung bietet das Feststellungsurteil dem Kl. eine Hilfe. Es wird nicht nur weitere Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien vermeiden. Vor allem kann es auch ein Verschulden und damit eine Schadensersatzpflicht des Bekl. begründen, falls er eine nach § 892 BGB Dritten gegenüber wirksame Verfügung über das Grundstück treffen sollte. Die Feststellungsklage ist daher zulässig.

Diese Rechtsprechung dürfte nicht aufrechterhalten werden können, nachdem der BGH später seine zu der gesamten Problematik entwickelte Aushöhlungsrechtsprechung aufgegeben hat.[29]

[28] OLG Düsseldorf NJW 1957, 266.
[29] BGH NJW-RR 1986, 1135.

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