Rz. 14

BGH, Urt. v. 6.3.2007 – VI ZR 36/06, zfs 2007, 505 = VersR 2007, 706

Zitat

BGB §§ 249, 254

Zu den Anforderungen an den Vortrag eines Verkehrsunfallgeschädigten, der sich für die Inanspruchnahme eines Unfallersatztarifs darauf beruft, er habe die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zum Normaltarif wegen der Notwendigkeit, eine Kaution zu leisten und in Vorkasse zu treten, abgelehnt.

 

Rz. 15

Die rechtliche Beurteilung

Es war nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht zu der Frage, ob der vom Geschädigten, hier dem Kläger, beanspruchte Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich war im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, keine Feststellungen getroffen hatte.

 

Rz. 16

Diese Frage kann dann offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten jedenfalls ein günstigerer, seinen Bedürfnissen entsprechender "Normaltarif" bekannt und in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war, so dass ihm die kostengünstigere Anmietung eines entsprechenden Fahrzeugs unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (vgl. Senatsurt. v. 14.2.2006 – VI ZR 32/05, VersR 2006, 564, 565; v. 4.7.2006 – VI ZR 237/05, VersR 2006, 1425, 1426; v. 23.1.2007 – VI ZR 18/06, VersR 2007, 515 f.).

 

Rz. 17

Dies war nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen der Fall. Danach kannte der Kläger aufgrund des Schreibens der Beklagten und der Erläuterungen des Zeugen S die erheblichen Tarifunterschiede im Mietwagenbereich und wusste auch um die Besonderheit des Unfallersatztarifs und darum, dass er einen Mietwagen erheblich günstiger zum Normaltarif anmieten konnte. Gleichwohl hat er es trotz fehlenden Zeitdrucks und dem Angebot der Beklagten, bestehende Zweifelsfragen durch Rücksprache mit ihr zu klären, abgelehnt, das Mietfahrzeug zum Normaltarif anzumieten, weil er nicht bereit war, eine Kaution zu leisten und in Vorkasse zu treten. Insofern lag eine rechtlich relevante Verletzung der Schadensminderungspflicht vor.

 

Rz. 18

Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass die Frage, ob der Geschädigte in Fällen der Inanspruchnahme eines Mietwagens nach einem Verkehrsunfall zum Einsatz seiner Kreditkarte oder zu einer sonstigen Art der Vorleistung verpflichtet ist, nicht generell verneint werden kann. Es komme vielmehr auf den jeweiligen Einzelfall, insbesondere darauf an, ob dem Geschädigten der Einsatz einer Kreditkarte oder die Stellung einer Kaution möglich und zumutbar ist (Senatsurt. BGHZ 163, 19, 26). Dies wird weitgehend von Art und Ausmaß der Beschädigung des Fahrzeugs sowie von den Umständen abhängen, in denen der Geschädigte durch den Schaden betroffen wird, insbesondere von seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, wobei es ihm grundsätzlich zuzumuten ist, die im Zusammenhang mit der Instandsetzung anfallenden Kosten ohne Rückgriff auf einen Bankkredit aus eigenen Mitteln vorzustrecken, wenn dies ohne besondere Einschränkung der gewohnten Lebensführung möglich ist (vgl. Senatsurt. BGHZ 61, 346, 350).

 

Rz. 19

Für die Voraussetzungen einer Verletzung der Schadensminderungspflicht ist zwar grundsätzlich die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig, jedoch trifft den Kläger eine sekundäre Darlegungslast (vgl. Senatsurt. BGHZ 163, 19, 26). Insbesondere hat er die wohl ihm, nicht aber der Beklagten, bekannten Umstände darzulegen, aus denen sich die Unzumutbarkeit schadensmindernder Maßnahmen ergibt. Ein solcher Vortrag des Klägers war nicht ersichtlich. Noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht hatte er sich ausschließlich darauf berufen, er sei zu eigenen Leistungen an den Vermieter nicht bereit gewesen, weil seines Erachtens eine dahin gehende rechtliche Verpflichtung zu verneinen sei. Dies ist indes nach der oben zitierten Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht der Fall. Dabei ging es entgegen der Ansicht der Revision keineswegs um Fragen der neueren Entwicklung der Rechtsprechung zu den Unfallersatztarifen, die der Kläger im Jahre 2002 nicht hat voraussehen können und zu denen ihm jedenfalls damals das Problembewusstsein gefehlt haben könnte. Vielmehr ging es schlichtweg um die jedem Geschädigten abzuverlangende nahe liegende Überlegung, dass die Ersatzpflicht eines Dritten nicht die Verursachung unnötiger, wesentlich überhöhter Kosten rechtfertigt. Dazu bedarf es keiner Einsicht in komplexe rechtliche Zusammenhänge, sondern lediglich wirtschaftlicher Vernunft und der sich jedem aufdrängenden Einsicht, dass der Geschädigte verpflichtet ist, den Schaden nicht durch eigenes Verhalten unnötig zu erhöhen. Dem hatte der Kläger nicht Rechnung getragen. Er konnte sich schon deshalb auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte nicht von sich aus angeboten hatte, die erforderlichen Mittel vorschussweise zur Verfügung zu stellen oder für eine sonstige Sicherung des Mietwagenunternehmens zu sorgen. Ob der Kläger nicht ohnehin aus Rechtsgründen verpflichtet war, die Beklagte erforderlichenfalls seinerseits darauf anzusprec...

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