Rz. 6

Wenn einem Hilfebedürftigen Wohnraum zugewendet wird oder durch Erbfall zu Eigentum zufällt, ist für den Nutzen einer solchen Zuwendung entscheidend, ob der Begünstigte dieses Eigentum behalten darf (Schonvermögensprüfung nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II) und bejahendenfalls, ob er sich die Nutzung und Unterhaltung einer solchen Immobilie auf Dauer überhaupt leisten kann.

Nach § 22 SGB II kann der Hilfebedürftige die Aufwendungen für das Wohnen und Heizen beanspruchen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen als "angemessene" Kosten übernommen.

1. Wohnraum im Eigentum

 

Rz. 7

§ 22 Abs. 1 SGB II unterscheidet nicht danach, ob der Wohnbedarf durch Eigentum oder Miete gedeckt werden muss. Was angemessen ist, wird für Mieter und Eigentümer einer Immobilie grundsätzlich nach einheitlichen Kriterien beantwortet.[3]

Die Angemessenheit der Unterkunftskosten bei Wohneigentum wird anhand derjenigen Kosten geprüft, die aufzuwenden wären, wenn der Eigentümer zur Miete wohnen würde.[4]

Für die Berechnung der Angemessenheit der Unterkunftskosten der Immobilie im Eigentum gelten deshalb die gleichen Wohnflächengrenzen wie bei gemietetem Wohnraum.[5] Auch wenn die angemessene Wohnfläche im Rahmen der Schonvermögensprüfung nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II für eine Person im Allgemeinen bei 80 qm liegt, so liegt sie für die Bemessung der angemessenen Unterkunftskosten doch nur bei 45–50 qm. Der Schonvermögensschutz des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II bewirkt keine Erhöhung des Flächenbedarfs. Auch bei einer Immobilie im Eigentum werden nur die Kosten übernommen, die für eine angemessene – deutlich kleinere – Mietwohnung übernommen würden.

 

Rz. 8

Vorausgesetzt wird allerdings immer, dass die Immobilie nach Größe, Lage und Ausstattung Schonvermögen i.S.d. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II ist. Das kann nur ausnahmsweise anders sein. Das LSG Mecklenburg-Vorpommern hat trotz der Überschreitung der angemessenen Grundstücksgrenzen z.B. entschieden, dass die Unterkunftskosten ausnahmsweise auch dann übernommen werden können, "wenn das selbstgenutzte Wohneigentum nicht verwertbar ist oder dessen Verkehrswert die Vermögensfreibeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II nicht übersteigt."[6]

[3] Schlegel/Voelzke/Piepenstock, juris-PK-SGB II, § 22 Rn 81 ff.
[4] BSG v. 4.6.2014 – Az.: B 14 AS 42/13 R; BSG v. 15.4.2008 – Az.: 14/7b AS 34/06 Rn 35, NJW 2009, 2327.
[5] Schlegel/Voelzke/Piepenstock, juris-PK-SGB II, § 22 Rn 53, 65.

2. Einzelpositionen

 

Rz. 9

Die angemessenen Unterkunftskosten werden aus den Positionen ermittelt, die tatsächlich und untrennbar mit der Nutzung des Hausgrundstücks anfallen.[7]

 

Hinweis: Unterkunftskosten bei Angehörigen

Verbilligte Wohnraumüberlassung durch Angehörige wird grundsätzlich bedarfssenkend und damit zumindest zur Minderung der Hilfebedürftigkeit eingesetzt (vgl. z.B. § 3 Abs. 3 S. 1 SGB II).[8] Das kann auch durch Einräumung eines Wohnungsrechts (§ 1093 BGB) geschehen.

Andererseits hindert das aber nicht, dass Kosten der Unterkunft auch durch mietvertragliche Verpflichtungen mit Angehörigen entstehen und einen sozialhilferechtlich relevanten Bedarf begründen können. Entscheidend ist stets der entsprechende rechtliche Bindungswille der Beteiligten.

Ein Fremdvergleich wie im Steuerrecht ist zur Feststellung einer mietvertraglichen Verpflichtung untauglich. Ein Mietverhältnis ist auch dann anzunehmen, wenn nur eine geringfügige "Gefälligkeitsmiete" vereinbart ist, oder wenn der Mieter lediglich die Betriebskosten oder sonstige Lasten zu tragen hat. Grundsicherungsrechtlich ist es sogar erwünscht, wenn der vereinbarte Mietzins etwa aus Gründen der verwandtschaftlichen Verbundenheit niedriger ist, als dieses in einem Mietverhältnis unter Fremden der Fall wäre.[9]

a) Finanzierungskosten

 

Rz. 10

Zu den zu berücksichtigenden Positionen der Kosten der Unterkunft in Eigentum (KdU) gehören die Finanzierungskosten.[10]

Notarkosten, wie sie anlässlich des Erwerbs einer Immobilie entstehen, fallen nicht unter den Begriff der Unterkunftskosten.[11]

Ob eine Leibrentenzahlung an den Voreigentümer wie die Tilgung eines Darlehens zur Wohnraumfinanzierung oder einer Kaufpreisschuld zu werten sind oder ob sie einer (Miet-)Zahlung für die Wohnraumgebrauchsüberlassung gleichen, "beurteilt sich nach der Rechtsprechung allein danach, wie der zugrunde liegende Vertrag konkret ausgestaltet ist und nicht, wie er auch hätte ausgestaltet sein können. Entscheidend für die rechtliche Qualifizierung ist bei Grundstückskäufen auf Leibrentenbasis nach der Rechtsp...

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