Rz. 52

Oftmals entscheidend für den Ertrag einer Immobilie ist ihre Finanzierung. Der Testamentsvollstrecker hat also zu prüfen, wie das Zinsentwicklungsrisiko angestiegen ist und welche Maßnahmen zur Sicherung eines niedrigen Zinsniveaus flankierend eingesetzt werden können. Hier bieten sich Forward-Darlehen,[30] Vereinbarung eines neuen Festzinssatzes für einen zukünftigen Termin, die vertragliche Fixierung einer Zinsober- und Zinsuntergrenze für einen definierten Zeitraum (Collar-Kredit mit Obergrenze – Cap- und Untergrenze – Floor-) oder die Installation eines Bausparvertrages an. Ein Marktüberblick findet sich bei den gängigen Portalanbietern.[31] Eine Umfinanzierung in Fremdwährungsdarlehen mag bei einem Zinsvorteil naheliegend sein. In der Opportunitätsrechnung sollte auch der Kapitaltausch berücksichtigt werden. Dem Zinsvorteil steht die Gefahr einer Aufwertung der Fremdwährung zur Inlandswährung entgegen. Aktuell lässt sich das lehrbuchmäßig an der Entwicklung des Schweizer Franken zum Euro skizzieren. Die Diskussion um die Staatsfinanzkrise der Europeripherieländer ließ die helvetische Valuta in der Spitze um bis zu 30 % aufwerten. Auf dieses Währungsänderungsrisiko sollte der Investor mit einer Flexibilität in Bezug auf die Rückzahlung gewappnet sein. Die Kreditinstitute nehmen hier – je nach Bonitätsnote der Kreditnehmer und der Qualität der Sicherheiten – Aufschläge von 0,7–2,0 % p.a.[32] Häufiger wird das Darlehen über eine Bank im Fremdwährungsland refinanziert. Diese erhält als Sicherheit ein Bankaval der kreditgebenden Kundenbank. Diese Kosten sind ebenfalls zu berücksichtigen.

 

Rz. 53

Der Blick darauf, wie der Erblasser seine Finanzierung aufgebaut hat, führt häufig zu falschen Ergebnissen. Für den Erblasser als Kapitalanleger mag der Charme einer (steueroptimierten) Finanzierung in der Tilgungsaussetzung gegen eine kapitalbildende Lebensversicherung gelegen haben. Aus der Sicht des Nachlasses birgt diese Form der Finanzierung häufig Risiken. Finanztechnisch kann sich eine Finanzierungslücke bei fälligen Verträgen ergeben, nämlich dann, wenn die tatsächliche Ablaufleistung oder Versicherungssumme unter dem Finanzierungssaldo liegt. Zu berücksichtigen ist ferner die richtige Wahl von Versicherungsnehmer und versicherter Person. Verstirbt die versicherte Person und ist der Versicherungsnehmer eine dritte Person, so fällt für die Auszahlung der Versicherungssumme keine Erbschaftsteuer an. Der Umfang der Sicherheit "Abtretung der Lebensversicherungsansprüche" sollte auf die Höhe der tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten begrenzt sein. Die ertragsteuerlichen Konsequenzen einer Kapital bildenden Versicherungen ergeben sich aus dem Zeitpunkt ihres Abschlusses.

 

Rz. 54

Grundsätzlich gilt für vor dem 1.1.2005 abgeschlossene Versicherungen eine Befreiung von der Kapitalertragsteuer. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Vertrag zum Zeitpunkt der Auszahlung mindestens zwölf Jahre gelaufen ist und mindestens fünf Jahre Jahresbeiträge eingezahlt wurden. Andernfalls muss auch hier Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer berücksichtigt werden.

Ist ein Vertrag, der nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurde, mindestens zwölf Jahre gelaufen und der Versicherte zum Zeitpunkt der Auszahlung mindestens 60 Jahre alt, so wird nur die Hälfte des Kapitalertrages mit dem persönlichen Steuersatz versteuert. Der Abzug der Abgeltungssteuer erfolgt zwar vorab mit 25 %, dieser Betrag kann jedoch im Nachhinein angerechnet werden.

 

Rz. 55

Progressivere Erblasser wählten möglicherweise Fondssparpläne als Tilgungsersatzinstrument. Hier sind die Veränderungen aus der Einführung der Abgeltungsteuer zu beachten und somit das periodische Sparbudget anzupassen. Der Steuerabzug beläuft sich auf 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchen- bzw. jüdische Kultussteuer.

 

Rz. 56

In Versicherungsverträgen werden häufig Vereinbarungen zu Gunsten Dritter integriert. Sie können in unwiderruflicher, i.d.R. aber in widerruflicher Form erfolgen. In diesem Zusammenhang sollte man sich kurz das Vertragsverhältnis vergegenwärtigen.

Der Versicherungsnehmer schließt mit seiner Versicherung einen Vertrag ab (Deckungsverhältnis), in dem ein Dritter aus diesem Vertrag (Begünstigter) einen Anspruch auf die Leistung erhalten soll. Das Valutaverhältnis bezieht sich auf den Grund für die Begünstigung des Bezugsberechtigten durch den Erblasser. Die folgende Grafik zeigt dieses Ausgangssituation.

 

Rz. 57

Einen brisanten Fall sollten wir uns vor diesem Hintergrund näher zuwenden: Die Scheidung einer Ehe bleibt für die Gültigkeit des Deckungsverhältnis ohne Relevanz und somit wird die Bezugsberechtigung nicht automatisch außer Kraft gesetzt (§ 2077 BGB kommt nicht zur Anwendung). Die Schenkung erfolgt bei Versicherungsverträgen i.d.R. formunwirksam und wird geheilt durch Bewirken der versprochenen Leistung, und zwar beim widerruflichen Bezugsrecht mit Eintritt des Versicherungsfalls und beim eher ...

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