Rz. 225

Das Risiko der Unterversicherung hat in der Bearbeitung feuerversicherungsrechtlicher Mandate erhebliche praktische Bedeutung. Wird vom Versicherer Unterversicherung eingewandt, ist zunächst zu prüfen, ob eine besondere vertragliche Vereinbarung besteht, die diesem Einwand entgegengehalten werden kann. In Frage kommt zunächst ein Summenausgleich (siehe Rdn 223).

 

Rz. 226

Darüber hinaus können die Parteien einen Unterversicherungsverzicht vereinbart haben. Ein solcher Verzicht kann vertraglich auf Kleinschäden (z.B. bis 1 % der Versicherungssumme) beschränkt sein. Es ist aber auch möglich und zunehmend üblich, einen generellen Unterversicherungsverzicht zu vereinbaren. Dadurch übernimmt der Versicherer gleichzeitig das eigentlich vom Versicherungsnehmer zu tragende Risiko der richtigen Wertermittlung.

 

Rz. 227

Letztlich ist zu verweisen auf die so genannte Vorsorge-Versicherung. Sie deckt Werterhöhungen z.B. durch Neuanschaffungen, An- oder Umbauten usw. bis zur Anpassung der jeweiligen Versicherungssumme.

 

Rz. 228

Kann dem Einwand der Unterversicherung keine vertragliche Vereinbarung entgegengehalten werden, sollte überprüft werden, ob die rechnerische Ermittlung der Unterversicherung zutrifft. Hierzu verweist der Versicherer in der Regel auf ein von ihm in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten. Es sollte beim Versicherer angefordert werden (zur Herausgabepflicht siehe Rdn 30).

 

Rz. 229

Der Inhalt des Gutachtens kann vom anwaltlichen Berater in der Regel nicht oder bestenfalls kursorisch auf sachliche Richtigkeit überprüft werden. Es empfiehlt sich deshalb die Überprüfung des Gutachtens durch einen Sachverständigen. Der dadurch verursachte Aufwand muss natürlich in einem vernünftigen Verhältnis zu dem aus der Unterversicherung resultierenden Minderbetrag stehen. Vom Versicherer sind solche Kosten nur als Verzugsschaden oder bei Prozessbezogenheit im Kostenfestsetzungsverfahren zu erstatten.

Alternativ hierzu bietet es sich an, zur Feststellung der Unterversicherung und der Entschädigungsleistungen ein Sachverständigenverfahren gem. § 15 AFB 87/A § 10 AFB 2010 einzuleiten. Wegen der Einzelheiten hierzu siehe Rdn 247 ff. Zu denken ist auch an ein selbstständiges Beweisverfahren (§ 485 Abs. 2 ZPO).

 

Rz. 230

Kann dem vom Versicherer erhobenen Einwand der Unterversicherung keine vertragliche Regelung entgegengehalten werden und ist sie auch sachlich nicht in Zweifel zu ziehen, ist zu prüfen, ob die unzutreffende Bestimmung der Versicherungssumme auf einem Beratungsfehler des Feuerversicherers oder eines seiner Vertreter beruht (wegen der dahingehenden Pflicht des Versicherers zur Beratung siehe Rdn 33 ff.).

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