Rz. 326

Wird eine Erbengemeinschaft vertreten, hat der Anwalt größtmögliche Sorgfalt darauf zu verwenden, dass er nicht einmal in den Verdacht des Parteiverrats gerät. Das Risiko der Interessenkollision bei der Vertretung mehrerer Personen einer Erbengemeinschaft ist immens. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung vieler Rechtsanwälte ist der Gleichlauf der Interessen der Ausnahmefall. Grundsätzlich ist es vornehmste Aufgabe des Anwalts für seinen Mandanten dessen Rechte in jeder Hinsicht optimal zu vertreten. In der Erbengemeinschaft muss dies häufig jedoch zum Nachteil anderer Mitglieder der Erbengemeinschaft gehen. Gerade wenn Pflichtteilsberechtigte vertreten werden, sind möglicherweise unterschiedliche Interessen i.R.d. Anrechnung und Ausgleichung gem. §§ 2315, 2316 BGB zu berücksichtigen.

 

Rz. 327

Allein aufgrund der Erhöhungsgebühr des Nr. 1008 VV RVG bzw. des möglicherweise höheren Gegenstandswertes eine Straftat zu riskieren, steht dazu in keinem Verhältnis. Dies insb. auch deswegen nicht, da der Anwalt, der seine Partei verrät, darüber hinaus seinen Gebührenanspruch verliert.[620] Stellt sich der Interessengegensatz erst im Laufe des Mandats heraus, sind sämtliche Mandate niederzulegen. Es darf nicht etwa im Sinne der "Rosinentheorie" ein Mandant gewählt werden, der dann weiter vertreten wird, womöglich dann noch aktiv gegen die vormaligen Mandanten. Gerade im Erbrecht – sowohl in der Gestaltung als auch in streitigen Auseinandersetzungen – sollte der Anwalt im Zweifel lediglich vertreten.

[619] Vgl. hierzu ausführlich Rißmann/Rißmann, Die Erbengemeinschaft, § 24.
[620] BGH NWJ 1981, 1211.

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