Rz. 58

Die Teilnahme am Straßenverkehr nach Einnahme von Betäubungsmitteln und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen hat in auffallender Weise zugenommen. Dieser Sachverhalt ist häufig auch gegeben in Verbindung mit Alkohol. Nach Geiger[77] sind in Bezug auf Drogenkonsum verschiedene Fragen zu klären, nämlich:

Liegt nur Besitz von Drogen vor oder wurden diese eingenommen?
Welche Drogen wurden konsumiert?
Handelt es sich um einen singulären Konsum im Probierstadium?
Wurde unter Drogeneinfluss ein Kraftfahrzeug genutzt?
Liegen wiederholte Delikte im Zusammenhang mit Drogen vor?
Sind Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit oder Persönlichkeitsstörungen zu beobachten?
Besteht eine Neigung zum kombinierten Konsum von Drogen und Alkohol?
Liegt ein Gebrauch unterschiedlicher Drogen vor?
Ist der Betroffene drogenabhängig?
Hat er schon einmal eine Entwöhnungsbehandlung wegen Drogenmissbrauchs absolviert?
 

Rz. 59

Gem. § 14 Abs. 1 S. 2 FeV ist bei Besitz von Rauschmitteln eine ärztliche Untersuchung nötig. Hierdurch soll Aufschluss gefunden werden, ob es auch zum Konsum gekommen ist. Gem. § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV ist geregelt, dass der Entzug der Fahrerlaubnis durch Gericht oder Fahrerlaubnisbehörde erfolgen kann. Außerdem wird in Abs. 3 zusätzlich geregelt, dass eine MPU anzuordnen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr gem. § 24a StVG begangen wurden, wobei die Regelung in § 13 Nr. 2 Buchst. b unberührt bleibt. Diese (ergänzende) Regelung erfolgte, weil die wiederholte Verkehrszuwiderhandlung unter Alkoholeinfluss als maßgebender Umstand geregelt wurde, nicht jedoch in Bezug auf Drogen. Die Folge ist, dass bei Drogen auch derjenige zur MPU geladen werden kann, der einmal gegen § 24a StVG in Bezug auf Alkohol und einmal in Bezug auf Drogen verstoßen hat. Beides sollte nicht mehr getrennt werden.

 

Rz. 60

Bei Drogenkonsum ist eine medizinische Untersuchung angezeigt, wenn es konkrete Hinweise auf Drogenkonsum gibt, dessen Häufigkeit aber nicht feststeht. Hier ist bei verschiedenen Arten der Drogen zu unterscheiden, nämlich zwischen Cannabis und den sog. harten Drogen. Bei letzteren genügt eine einmalige Einnahme, während bei Cannabis zwischen einmaligem, gelegentlichem oder regelmäßigem Konsum unterschieden werden muss. Einer medizinisch-psychologischen Untersuchung bedarf es, wenn bei gelegentlichem Cannabis-Konsum Zusatztatsachen hinzukommen. Einzelheiten sind geregelt in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu FeV.[78]

Dabei ist es des Weiteren sinnvoll, sich mit den Begutachtungsleitlinien[79] auseinanderzusetzen:

Zitat

Wer Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) nimmt oder von ihnen abhängig ist, ist nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden. Dies gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

Wer regelmäßig (täglich oder gewohnheitsmäßig) Cannabis konsumiert, ist in der Regel nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden. Ausnahmen sind nur in seltenen Fällen möglich, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass Konsum und Fahren getrennt werden und wenn keine Leistungsmängel vorliegen.

Wer gelegentlich Cannabis konsumiert, ist in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden, wenn er Konsum und Fahren trennen kann, wenn kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen.

Wer von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, z.B. Tranquilizer 7, bestimmte Psychostimulanzien, verwandte Verbindungen bzw. deren Kombinationen (Polytoxikomanie), abhängig ist, wird den gestellten Anforderungen beim Führen von Kraftfahrzeugen nicht gerecht (zur Abhängigkeit wird auf die Definition in Kapitel 3.11.2 hingewiesen).

Wer, ohne abhängig zu sein, missbräuchlich oder regelmäßig Stoffe der oben genannten Art zu sich nimmt, die die körperlich-geistige (psychische) Leistungsfähigkeit eines Kraftfahrers ständig unter das erforderliche Maß herabsetzen oder die durch den besonderen Wirkungsablauf jederzeit unvorhersehbar und plötzlich seine Leistungsfähigkeit oder seine Fähigkeit zu verantwortlichen Entscheidungen (wie den Verzicht auf die motorisierte Verkehrsteilnahme) vorübergehend beeinträchtigen können, ist nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden.

Sind die Voraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen, so können sie nur dann wieder als gegeben angesehen werden, wenn der Nachweis geführt wird, dass kein Konsum mehr besteht. Bei Abhängigkeit ist in der Regel eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung zu fordern, die stationär oder im Rahmen anderer Einrichtungen für Suchtkranke erfolgen kann.

Zur Einnahme von Cannabis ist ...

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