Rz. 341

Bisher war es üblich, die Klageschrift mit ihren Abschriften und Anlagen per Post zu versenden, vielleicht auch in den (Nacht-)Briefkasten des Gerichts einzuwerfen oder dort in der Geschäftsstelle abzugeben bzw. abgeben zu lassen. Ist eine Frist zu wahren, muss bis zum Ablauf des betreffenden Tages die Klage bei dem zuständigen Gericht eingehen.[173]

 

Rz. 342

Möglich ist auch, Fristen durch das Versenden eines Telefaxes zu wahren. Mit einem Telefax wird im Übrigen auch dem Schriftformerfordernis für Klageschriften Genüge getan.

 

Rz. 343

Allerdings sollte die schlechte Angewohnheit vermieden werden, sämtliche Schriftsätze stets "vorab" per Telefax zu übersenden. Bei gewöhnlichen Schriftätzen erfolgt die Richtervorlage bei Gericht zumeist ohnehin erst nach Eingang des Originals mit den Durchschriften, ohne die eine Übersendung/Zustellung nicht erfolgen kann.

 

Rz. 344

Wichtig ist aber Folgendes:

Bei einer Klageeinreichung per Telefax muss die Vorlage unbedingt eigenhändig unterzeichnet werden.
Die Unterschrift muss auf der bei Gericht eingegangenen Kopie wiedergegeben sein.
Eine zu wahrende Frist wird per Telefax nur eingehalten, wenn die gesendeten Signale noch vor dem Fristablauf vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen/gespeichert worden sind.[174]
 

Rz. 345

Scheitert eine rechtzeitige Übertragung an einem technischen Defekt des Telefaxgerätes des Gerichts, kann eventuell im Nachhinein beantragt werden, dass wegen der Fristversäumung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolgt.[175] Scheitert die Übertragung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax, ist der Rechtsanwalt verpflichtet, den Schriftsatz über das beA zu versenden.[176]

 

Rz. 346

Ist die Klage aber nur deshalb nicht rechtzeitig eingegangen, weil der Rechtsanwalt zur Übermittlung zu wenig Zeit einkalkuliert hat, hat er die Fristversäumung verschuldet. Eine Zeitreserve von nur einigen wenigen Minuten reicht jedenfalls nicht aus.[177]

 

Rz. 347

Wurde die Klage – oder ein anderer nachfolgender Schriftsatz – per Fax überreicht, ist es nicht mehr erforderlich, das Original an das Gericht auf dem Postweg nachzusenden.

 

Rz. 348

Das elektronische Einreichen ist nicht nur auch bereits zulässig, sondern wird als Nutzungspflicht (§ 130d ZPO) die Zukunft bestimmen.

§ 130a ZPO gestattet ohne besondere Zulassung die Einreichung elektronischer Dokumente eines Anwalts aus seinem beA, sofern die Voraussetzungen der Absätze 2 bis 4 erfüllt sind.[178] Danach können alle vorbereitenden Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Parteien sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter als elektronisches Dokument beim Gericht eingereicht werden. Entscheidend ist, dass belegt wird, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernimmt, und dass er die Übermittlung als bestimmenden Schriftsatz an das Gericht veranlasst hat.[179]

 

Rz. 349

Die Rechtsprechung hat sich bereits mit Wiedereinsetzungsgesuchen bei Fristversäumung hinsichtlich der Übermittlung von Schriftsätzen per beA befasst. Zu beachten ist, dass für die Ausgangskontrolle des beA bei fristgebundenen Schriftsätzen die Feststellung nicht genügt, dass die Versendung irgendeines Schriftsatzes mit dem passenden Aktenzeichen an das Gericht erfolgt ist, sondern anhand des zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens ist auch zu prüfen, welcher Art der Schriftsatz war.[180] Versendet ein Rechtsanwalt fristwahrende Schriftsätze auf elektronischem Wege, muss er bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt mittels geeigneter Software für die Anzeige der automatisierten Empfangsbestätigung, § 130a Abs. 5 ZPO, sorgen bzw. das für die Fristverlängerungsgesuche per beA zuständige Personal dahingehend belehren, dass bei Übermittlung von Daten per beA stets der Erhalt der Eingangsbestätigung zu kontrollieren ist, und er muss diesbezüglich zumindest stichprobenweise Überprüfungen durchführen.[181] Einer ausreichenden Kanzleiorganisation entspricht es jedenfalls nicht, wenn die Fristen, die in einem zentral geführten Fristenkalender eingetragen werden, nicht auch vor Büroschluss zentral kontrolliert werden.[182]

[173] Die bei den Gerichten vorhandenen Nachtbriefkästen sind so konstruiert, dass um Mitternacht ein Verschluss den hinteren Teil des Briefkastens von dem vorderen Bereich abtrennt. Die Post, die pünktlich eingeworfen worden ist, befindet sich demzufolge im hinteren Bereich und erhält den Eingangsstempel vom Tag des Fristablaufs.
[174] BGH, Beschl. v. 12.4.2016 – VI ZB 7/15, juris Leitsatz = MDR 2016, 846.
[175] Gelingt es einem Prozessbevollmächtigten infolge einer technischen Störung des Empfangsgeräts des Gerichts nicht, einen fristwahrenden Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, ist er auch nicht gehalten, eine dem Pressesprecher des Gerichts zugewiesene Telefaxnummer ausfindig zu machen und den Schriftsatz zur Fristwahrung an diese Nummer zu versenden; BGH, Beschl. v. 26.1.2017 – I ZB 43...

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