Rz. 79

Die Vor- und Nachteile des Mahnverfahrens im Vergleich zur Klageerhebung stellen sich wie folgt dar:

 
Kriterien Vorteile des Mahnverfahrens Nachteile des Mahnverfahrens
Schnelligkeit Legt der Schuldner keinen Widerspruch binnen zwei Wochen ein, ergeht auf entsprechenden Antrag des Gläubigers der Vollstreckungsbescheid. Dieser kann schon nach etwa drei Wochen vorliegen. Widerspricht der Schuldner, ist zum Übergang ins Klageverfahren ein weiterer Gerichtskostenvorschuss von 2,5 Gebühren einzuzahlen. Erst dann wird das Verfahren ans zuständige Streitgericht abgegeben und erfolgt die Aufforderung zur Anspruchsbegründung. Wichtige Zeit geht verloren.
Vollstreckbarkeit Aus dem Vollstreckungsbescheid kann ohne Sicherheitsleistung sofort vollstreckt werden. Die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid ohne Sicherheitsleistung wirkt nur solange, wie mit dem Einspruch und auf den Antrag des Schuldners das Gericht die Vollstreckung nicht einstellt.
Kosten

Es fällt nur eine halbe Gerichtsgebühr an. Die Anwaltsgebühren liegen bei 1,0, Nr. 3305 VV RVG. Die Kosten sind erstattungsfähig. Der Kostenaufwand ist gering.

Es kann auch für das Mahnverfahren Prozesskostenhilfe beantragt werden.[67]
Legt der Schuldner Widerspruch ein und muss in das Klageverfahren übergegangen werden, entstehen dieselben Kosten wie im Klageverfahren.
Verjährungshemmung Das Mahnverfahren hemmt die Verjährung mit weniger Aufwand als eine Klage. Die Verjährungshemmung wird selbst dann erreicht, wenn der Antrag zurückgewiesen wird, etwa weil die Antragsvoraussetzungen nicht vorlagen.[68]

Die Verjährungshemmung per Klage ist sicherer, weil der Anspruch durch die Klagebegründung hinreichend "individualisiert" wird.

Der Anspruch muss im Mahnbescheid daher sehr sorgfältig, und zwar so genau wie möglich, bezeichnet werden.
Risiken bei der Verjährungshemmung   Die Verjährungshemmung ist gefährdet, wenn sich die Zustellung des Mahnbescheids verzögert. Der Antragsteller muss unverzüglich nach der gerichtlichen Kostenaufforderung den weiteren Kostenvorschuss zahlen, damit die Zustellung "demnächst" erfolgt.
Arbeitsaufwand Der Arbeitsaufwand für das Beantragen eines Mahnbescheids ist gering. Das gilt insbesondere bei den Online-Mahnbescheiden. Muss nach einem Widerspruch in das Klageverfahren übergegangen werden, entsteht derselbe Aufwand wie für eine Klage.
Erfolgsaussichten Weil vielfach kein Widerspruch eingelegt wird, sind die Erfolgsaussichten gegeben, einen Vollstreckungsbescheid zu erwirken. Nach einem Widerspruch hängen die Erfolgsaussichten von der Sach- und Rechtslage ab.
mehrere Schuldner mit unterschiedlichen Gerichtsständen   Haben mehrere Schuldner unterschiedliche Gerichtsstände, muss nach Widerspruchseinlegung das Verfahren "geteilt" werden. Praktikabler wäre es dann, von vornherein zu klagen.
unsicherer Aufenthalt des Schuldners   Ist der Aufenthalt des Schuldners unbekannt, kann der Mahnbescheid nicht zugestellt werden. Im Unterschied zur Klage gibt es keine öffentliche Zustellung. Auch die Aufwendungen für den Mahnbescheid sind vergeblich, weil keine Überleitung ins Klageverfahren stattfindet.
[67] Die hinreichende Erfolgsaussicht für ein Mahnverfahren kann nicht allein deshalb verneint werden, weil ein Widerspruch des Antragsgegners zu erwarten ist. In einem solchen Fall kann auch nicht ohne Weiteres die Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 Abs. 2 ZPO) angenommen werden. Hierfür bedarf es vielmehr der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls; BGH, Beschl. v. 21.8.2019 – VII ZB 48/16, juris = NJW 2019, 1848–1849; Abgrenzung zu BGH, Beschl. v. 31.8.2017 – III ZB 37/17, juris = NJW-RR 2017, 1469; Beschl. v. 28.11.2017 – X ZA 1/16 und 2/16, juris; Beschl. v. 11.1.2018 – III ZB 87/17, juris = FamRZ 2018, 601; Mutwilligkeit darf nicht gegeben sein: BGH, Beschl. v. 10.8.2017 – III ZR 42/16, juris = NJW-RR 2017, 1943–1944.
[68] Der Antragsteller muss dann innerhalb eines Monats seit der Zustellung der Zurückweisung eine Klage einreichen und diese muss "demnächst" zugestellt werden.

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