Rz. 88

Besteht eine Rückdeckungsversicherung für die Ansprüche des Arbeitnehmers aus der betrieblichen Altersversorgung und sind die Ansprüche daraus dem Arbeitnehmer sicherungshalber abgetreten oder verpfändet worden, stellt sich die Frage nach der Insolvenzfestigkeit einer solchen Absicherung.[78]

 

Rz. 89

 

Hinweis

Eine solche Abtretung oder Verpfändung soll nur zu einem Aussonderungsrecht des Arbeitnehmers führen, wenn die Abtretung oder Verpfändung der Versicherung schriftlich angezeigt ist. Eine bloß interne Abtretung oder Verpfändung im Arbeitsvertrag ohne anschließende Anzeige an die Versicherung soll dagegen wegen § 13 Abs. 3 ALB auch in der Insolvenz unbeachtlich sein.[79]

 

Rz. 90

Werden aus einer kapitalbildenden Lebensversicherung nur die Ansprüche auf den Todesfall zur Sicherheit abgetreten, gibt es für die Frage, ob damit zugleich der Anspruch auf den Rückkaufswert (nach Kündigung) abgetreten ist, keinen generellen Vorrang für seine Zuordnung zu den Ansprüchen auf den Todesfall. Ob die Abtretung auch den Anspruch auf den Rückkaufswert erfasst, ist durch Auslegung zu ermitteln. Haben danach Zedent und Zessionar mit der Beschränkung der Sicherungsabtretung auf den Anspruch auf den Todesfall das Ziel verfolgt, dem Sicherungsgeber mit Blick auf das Steueränderungsgesetz 1992 steuerliche Vorteile zu erhalten, ist im Regelfalle der Anspruch auf den Rückkaufswert nicht mit übertragen.[80]

 

Rz. 91

Im Falle der Absonderung bleibt der Insolvenzverwalter nach § 166 Abs. 2 InsO zur Einziehung des Rückkaufswertes berechtigt. Er kann nach § 171 Abs. 1 und Abs. 2 InsO die Feststellungs- und die Verwertungspauschale von 4 % bzw. 5 % für sich beanspruchen.

 

Rz. 92

 

Hinweis

Einige Gerichte wollen allerdings nur eine am tatsächlichen Aufwand orientierte Verwertungsvergütung akzeptieren.[81]

 

Rz. 93

Hat der Versicherungsnehmer (Insolvenzschuldner) die Ansprüche aus einer Lebensversicherung vor Insolvenzeröffnung nur hinsichtlich des Todesfalles sicherungshalber für ein Darlehen abgetreten, dessen Rückzahlung aus der Lebensversicherung erfolgen soll, so erfasst nach Auffassung des OLG Hamburg die Abtretung auch den Anspruch auf den Rückkaufswert, sofern Abweichendes weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart ist. Dem Sicherungsgeber steht damit im Insolvenzverfahren des Versicherungsnehmers ein Absonderungsrecht an dem Rückkaufswert zu.[82]

 

Rz. 94

 

Hinweis

Auch in diesem Fall hat der Insolvenzverwalter allerdings ein Recht auf Einziehung und Verwertung des sicherungshalber abgetretenen Anspruches auf Auszahlung des Rückkaufswertes.[83]

 

Rz. 95

Zur Verwertung einer an den Gesellschafter-Geschäftsführer verpfändeten Rückdeckungsversicherung mit widerruflichem Bezugsrecht in der Insolvenz der Gesellschaft hat der BGH inzwischen entschieden:[84]

Zitat

"Hat der Pfandrechtsgläubiger mangels Pfandreife gegen den Insolvenzverwalter nur einen Anspruch auf Sicherstellung, steht dem Verwalter das Einzugsrecht gegen den Drittschuldner allein zu."

 

Rz. 96

Der BGH führt zur Begründung aus, dass ohne eine wirksame Verpfändung der Insolvenzverwalter die Bezugsberechtigung mit der Folge widerrufen könne, dass der Rückkaufswert in die Insolvenzmasse fällt.[85] Durch die Erteilung einer lediglich widerruflichen Bezugsberechtigung habe der Bezugsberechtigte weder einen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag (§ 166 Abs. 2 VVG) noch eine sonstige gesicherte Rechtsposition – etwa ein Anwartschaftsrecht – erworben. Vielmehr besitze er lediglich eine mehr oder weniger starke tatsächliche Aussicht auf den Erwerb eines zukünftigen Anspruchs. Da der Versicherungsnehmer sich allein durch die widerrufliche Benennung des Dritten keiner Rechte aus dem Vertrag begeben habe, also jederzeit die Bezugsberechtigung durch einseitige Erklärung auf sich selbst oder eine andere Person umleiten kann, verblieben vor dem Eintritt des Versicherungsfalls alle vertraglichen Rechte bei ihm.[86]

 

Rz. 97

 

Hinweis

Ob auch eine Umsatzsteuerpflicht entsteht und damit auch 19 % USt abzuziehen sind, ist streitig. Das FG Brandenburg bejaht dies mit der Begründung, der Insolvenzverwalter erbringe durch die Verwertung eine "sonstige Leistung" an den absonderungsberechtigten Gläubiger, da die Möglichkeit der besseren Verwertung durch ihn ein verkehrsfähiges Wirtschaftsgut sei.[87]

[78] Perwein, GmbHR 2007, 589.
[79] Kier, InsbürO 2004, 122, 124.
[80] BGH v. 13.6.2007 – IV ZR 330/05, NJW 2007, 2320 = ZIP 2007, 1375; dazu Janca, ZInsO 2007, 982.
[84] BGH v. 7.4.2005 – IX ZR 138/04, InVo 2005, 352 = ZIP 2005, 909; dazu EWiR 2005, 641 (Balle) und Perwein, GmbHR 2007, 589; im Anschluss an BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 161/96, BGHZ 136, 220; dazu EWiR 1997, 999 (Blomeyer).
[85] Vgl. BGH v. 4.3.1993 – IX ZR 169/92, ZIP 1993, 600, 602, dazu EW...

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