Rz. 58

Hat das Arbeitgeberunternehmen einem Arbeitnehmer eine Versorgungszusage in der Form eines Versicherungsvertrages mit einem Bezugsrecht für den Arbeitnehmer gewährt, stellt sich die Frage nach der Insolvenzsicherheit dieser Form der betrieblichen Altersversorgung.[51]

 

Rz. 59

Ist ein Arbeitnehmer nach Unverfallbarkeit seiner Anwartschaft Versicherungsnehmer einer Direktversicherung der betrieblichen Altersversorgung geworden, kann in dem Insolvenzverfahren über sein Vermögen der allein aus den Beiträgen seines Arbeitgebers gebildete Rückkaufswert nach Kündigung der Versicherung nicht zur Masse gezogen werden.[52]

 

Rz. 60

Handelt es sich um eine Lebensversicherung, bei der zugunsten des Versicherten (Arbeitnehmer) lediglich ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt wurde und ist die Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft nach § 1 BetrAVG noch nicht gegeben, fällt nach der Rechtsprechung des BGH der Anspruch auf den Rückkaufswert in die Insolvenzmasse, wenn nicht der Insolvenzverwalter den Nichteintritt nach § 103 InsO erklärt.[53]

 

Rz. 61

 

Hinweis

Dies gilt sogar dann, wenn die Versicherungsprämien aus einer Gehaltsumwandlung stammen, wenn dem Arbeitnehmer lediglich ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt wurde.[54]

 

Rz. 62

Liegt ein widerrufliches Bezugsrecht vor, ist aber bereits Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft eingetreten, wird in der Literatur vereinzelt vertreten, dass ein Aussonderungsrecht des Versicherten nach § 47 InsO gegeben sein soll.[55] Dagegen wird eingewandt, dass allein der Eintritt der Unverfallbarkeit nach dem BetrAVG noch keine Annahme einer gesicherten Rechtsposition und damit eines Aussonderungsrechts bezüglich der Leistungen aus dem Versicherungsvertrag rechtfertige.[56]

 

Rz. 63

 

Hinweis

Kommt es zum Widerruf des Bezugsrechts durch den Insolvenzverwalter und zur Auszahlung des Rückkaufswertes an die Insolvenzmasse, liegt – zumindest nach Auffassung des FG Baden-Württemberg[57] und inzwischen auch des BFH[58] – kein Rückfluss von Arbeitslohn vor, der einen Anspruch auf Erstattung der pauschal entrichteten Lohnsteuer an den Arbeitgeber führen würde.

 

Rz. 64

Ist das Versicherungsverhältnis dagegen so gestaltet, dass von Beginn an ein unwiderrufliches Bezugsrecht zugunsten des Versicherten (Arbeitnehmers) begründet wurde, hat der Insolvenzverwalter nicht die Möglichkeit, den Rückkaufswert zur Insolvenzmasse zu ziehen, der Bezugsberechtigte hat vielmehr ein Aussonderungsrecht (§ 47 InsO).[59]

 

Rz. 65

Ist dagegen ein sogenanntes "eingeschränkt unwiderrufliches" Bezugsrecht eingeräumt worden, bei dem der Arbeitnehmer von Beginn an als Bezugsberechtigter eingesetzt ist, der Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) aber unter bestimmten Voraussetzungen noch die Möglichkeit haben soll, bis zum Eintritt der vertraglichen Unverfallbarkeit entsprechend den Regelungen des BetrAVG die Bezugsberechtigung zu ändern, etwa wenn der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, handelt es sich letztlich um ein widerrufliches Bezugsrecht.

 

Rz. 66

Streitig war bisher, ob es dem Arbeitnehmer in diesen Fällen in der Insolvenz des Arbeitgeberunternehmens ein Aussonderungsrecht oder ein Absonderungsrecht gewährt oder ob die Ansprüche ungesichert sind:

Nach einer Auffassung wandelt sich das eingeschränkt unwiderrufliche Bezugsrecht mit der Insolvenzeröffnung automatisch in ein unwiderrufliches Bezugsrecht um, womit der Rückkaufswert dem Vermögen des Arbeitnehmers zuzuordnen sei.[60]
Nach anderer Auffassung erwirbt der Arbeitnehmer erst mit Eintritt der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen eine gesicherte Rechtsposition, die ihm einen Aussonderungsanspruch nach § 47 InsO gewährt.[61]
 

Rz. 67

Der BGH und die 4. Kammer des LAG Hamm haben die erstgenannte Auffassung bestätigt:[62] Hat der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung abgeschlossen und das im Übrigen unwiderrufliche Bezugsrecht unter den Vorbehalt gestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht vor Eintritt des Versicherungsfalls und der Unverfallbarkeit endet, so gehört das Bezugsrecht bei durch die Insolvenz des Arbeitgebers bedingter Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Vermögen des Arbeitnehmers und begründet daher hinsichtlich des Rückkaufswertes ein Aussonderungsrecht gem. § 47 InsO zugunsten des Arbeitnehmers.[63]

 

Rz. 68

Der 3. Senat des BAG will von den Entscheidungen des BGH abweichen. Er hat dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes deshalb folgende Rechtsfrage vorgelegt:[64]

Zitat

"Gilt bei einem eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrecht aus einer Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung ein in den Versicherungsvertrag aufgenommener Vorbehalt des Widerrufs für die Zeit bis zum Erreichen der gesetzlichen Unverfallbarkeit auch “für den Fall einer insolvenzbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Versicherungsnehmer'?"

 

Rz. 69

In der Berufungsinstanz hatte zuvor schon die 3. Kammer des LAG Hamm entschieden:[65]

Zitat

"Eine unwiderrufliche Bezugsberechtigung d...

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