Rz. 23

In das Nachlassverzeichnis ist der gesamte Aktivnachlass und auch der gesamte Passivnachlass (Nachlassverbindlichkeiten) aufzunehmen.

Für die Gestaltung des Nachlassverzeichnisses kann auf bewährte Muster aus Fachliteratur und Internet zurückgegriffen werden. Die jeweiligen Nachlassgegenstände sind so genau wie möglich zu bezeichnen, um Verwechslungen und/oder Missverständnisse zu vermeiden.

 

Rz. 24

Obwohl das Gesetz Wertangaben im Verzeichnis nicht ausdrücklich vorsieht, sind die Nachlassgegenstände auch wertmäßig zu erfassen. Sollte zum Beispiel bei Grundbesitz ein Verkehrswertgutachten nicht vorliegen, kann der Nachlasspfleger im Rahmen einer ersten Schätzung Werte angeben. Ist dies nicht möglich, sollte jedenfalls ein "Erinnerungswert" von 1 EUR angegeben werden.

 

Rz. 25

Bei der Aufnahme der Nachlassverbindlichkeiten ist § 1967 BGB zu beachten. Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.

 

Rz. 26

Bei Erblasserschulden handelt es sich um zu Lebzeiten des Verstorbenen begründete Schulden. Entscheidend ist dabei, dass der Entstehungsgrund aus der Person des Erblassers vor oder mit dem Erbfall entstanden ist.

 

Rz. 27

Erbfallschulden entstehen (frühestens) mit dem Erbfall. Neben den Kosten für die Beerdigung (§ 1968 BGB) gehören hierzu Pflichtteilsrechte, Vermächtnisse, Auflagen und Zugewinnausgleichsforderungen (§ 1371 BGB).

 

Rz. 28

Nachlassverwaltungsschulden entstehen nach dem Erbfall und haben ihre Ursache in der Verwaltung und Abwicklung des Nachlasses. Diese Schulden entstehen auch durch Handlungen des Erben. Sie werden auch als Nachlasskosten bezeichnet (z.B. Nachlasspflegervergütung, Gerichtskosten für die Nachlasspflegschaft). Auch die Kosten der Nachlassverwaltung durch den Erben fallen hierunter; allerdings nur dann, wenn es sich um Kosten einer ordnungsgemäßen Verwaltung handelt. Sind die Kosten entstanden, weil der Erbe nicht ordnungsgemäß verwaltet hat, sind es persönliche Verpflichtungen des Erben.

 

Rz. 29

Nachlasserbenschulden entstehen auch nach dem Erbfall. Für diese Schulden haften der Nachlass und der Erbe gleichermaßen.

Schwierig ist die Differenzierung bei Dauerschuldverhältnissen. So ist für Mietverhältnisse umstritten, ob es sich bei den nach dem Erbfall fällig gewordenen Mieten und den Kosten der Räumung um so genannte Nachlasserbenschulden handelt (für die der Erbe mit dem eigenen Vermögen und nicht nur beschränkt auf den Nachlass haften würde) oder um reine Nachlassverbindlichkeiten, so dass der Erbe seine Haftung durch Erhebung der Dürftigkeitseinrede auf den Nachlass beschränken könnte.

 

Rz. 30

Wird das Mietverhältnis durch Kündigung nach § 564 BGB beendet, handelt es sich um reine Nachlassverbindlichkeiten.[13] Kündigt der Erbe nicht nach § 564 BGB, setzt er das Mietverhältnis vielmehr fort, dürfte es sich bei den nach dem Erbfall fällig gewordenen Mieten und den Kosten der Räumung um so genannte Nachlasserbenschulden handeln.[14]

Für den Nachlasspfleger bedeutet dies, dass er auch die Mietverbindlichkeiten in das Nachlassverzeichnis aufnehmen muss, die nach dem Tod des (Allein-)Mieters entstanden sind. Wichtig ist, dass der Nachlasspfleger die Kündigung innerhalb der Frist des § 564 S. 2 BGB erklärt.

 

Rz. 31

Weiter laufende Einnahmen (z.B. Mieteinnahmen) und Ausgaben (z.B. Grundsteuern) gehören nicht in das Nachlassverzeichnis. Über diese Einnahmen und Ausgaben ist im Rahmen der Rechnungslegungspflicht abzurechnen.

 

Rz. 32

Der Nachlasspfleger ist den Nachlassgläubigern gegenüber verpflichtet, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen (§ 2012 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Nachlasspfleger hat dann ein Bestandsverzeichnis nach § 260 Abs. 1 BGB vorzulegen. Er hat eine übersichtliche Zusammenstellung der Aktiv- und Passivposten zu erstellen.[15] In Ausnahmefällen kann die Verpflichtung bestehen, Belege vorzulegen und ggf. die Werte zu ermitteln.[16]

In das Bestandsverzeichnis sind die aktuellen Aktiv- und Passivposten aufzunehmen, im Unterschied zum Nachlassverzeichnis.

[13] BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 68/12, NJW 2013, 933.
[14] Schmidt-Futterer/Streyl, § 564 Rn 3.
[15] BGH v. 2.11.1960 – V ZR 124/59, NJW 1961, 602.
[16] Beck-OK BGB/Lorenz, § 260 Rn 29 u. 30.

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