Rz. 48

Eine unzureichende Aufklärung führt dann nicht zur Arzthaftung, wenn der aufklärende Arzt darlegen und beweisen kann, dass der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung den konkreten Eingriff hätte durchführen lassen, d.h. eingewilligt hätte.[172] Die Anforderungen an den Beweis derartiger Behauptung auf Arztseite sind nach der Rechtsprechung sehr hoch.[173] Hätte der Patient den Eingriff bei ordnungsgemäßer Aufklärung durchführen lassen, wenn auch zu einem anderen Zeitpunkt, ggf. unter günstigeren Bedingungen oder in einer anderen Klinik, dann obliegt dem Arzt der Beweis dafür, dass es gleichermaßen zu dem jetzt vorliegenden Gesundheitsschaden gekommen wäre: Der Arzt muss beweisen, dass der bei dem unzureichend aufgeklärten Patienten durchgeführte Eingriff in einer anderen Klinik zu einem anderen Zeitpunkt denselben Verlauf genommen hätte.[174] Der Einwand der "hypothetischen Einwilligung" muss von der Behandlerseite bereits in erster Instanz erhoben werden, wenn aufgrund eines Beweisbeschlusses zumindest in Betracht gezogen werden muss, dass eine Verurteilung wegen unzureichender Aufklärung erfolgen könnte, selbst wenn der erstinstanzlich angehörte Sachverständige anschließend keinen Aufklärungsfehler feststellt.[175]

[173] Zur Beweislast für hypothetischen Verlauf bei fehlender Einwilligung: BGH v. 22.3.2016 – VI ZR 467/14, GesR 2016, 362.
[174] BGH VersR 1989, 289; OLG Celle VersR 1987, 567.

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