Rz. 18

In Ausnahmefällen ist jedoch bereits der Architektenvertrag formbedürftig. Zum einen betrifft dies Vorgaben des Kommunalrechts. In den Gemeinde-/Kreisordnungen und den Zweckverbandsgesetzen der einzelnen Länder finden sich materiell-rechtliche Regelungen zur Beschränkung der Vertretungsmacht der Gemeindeorgane. Grundsätzlich können sich Kommunen, sofern es sich nicht um "Geschäfte der laufende Verwaltung" handelt, nur schriftlich verpflichten. Regelmäßig ist neben der Unterschrift des Bürgermeisters/Gemeindedirektors unter Beifügung des entsprechenden Dienstsiegels und/oder der Amtsbezeichnung auch die Unterschrift eines weiteren Mitglieds des Gemeindevorstandes oder Ratsmitgliedes erforderlich. Da es sich bei den entsprechenden Vorschriften um landesrechtliche Vorschriften und nicht um gesetzliche Formvorschriften i.S.d. § 125 BGB handelt, waren Verträge, die unter Nichtbeachtung der entsprechenden Vorschriften geschlossen wurden, nach der bisherigen Rechtsprechung ggf. gem. § 177 BGB wegen Überschreitung der Vertretungsmacht schwebend unwirksam.[62] Wurde der Vertrag nicht genehmigt, kam auch ein Anspruch aus § 179 Abs. 3 BGB gegen den Vertreter ohne Vertretungsmacht nicht in Frage, wohl allerdings ein Schadensersatzanspruch.[63] Nach der neueren Rechtsprechung des BGH wird eine Gemeinde aufgrund der allumfassenden und unbeschränkten Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters hingegen auch dann vertraglich gebunden, wenn dieser ohne den erforderlichen Beschluss des Gemeinderats handelt.[64] Ferner kann ein Vertrag nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch dann wirksam sein, wenn die Berufung auf die Verletzung der Formvorschriften durch die Kommune zu einem schlechthin unerträglichen Ergebnis für den Vertragspartner führen würde.[65] Dies gilt auch, wenn davon auszugehen ist, dass das nach der Gemeindeordnung zuständige Organ den Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes gebilligt hat.

 

Rz. 19

Wird der Architektenvertrag mit kirchlichen Institutionen geschlossen, müssen entsprechende kirchenrechtliche Vorschriften aus dem katholischen Landeskirchenrecht bzw. dem evangelischen Kirchenrecht beachtet werden. Hier ist umstritten, ob es sich um Formvorschriften i.S.d. § 125 BGB handelt. Richtigerweise gilt § 125 BGB aber nur für bundesrechtliche Vorschriften, sodass die Verträge gem. § 179 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam sind.[66]

[62] BGH v. 20.1.1994 – VII ZR 174/92 – BauR 1994, 363 und zuletzt auch OLG Celle v. 27.3.2006 – 14 U 237/05 – IBR 2006, 338.
[63] BGH v. 10.6.1999 – IX ZR 409–97 – NJW 1999, 3335.
[64] BGH v. 1.6.2017 – VII ZR 49/16 = NZBau 2017, 559; BGH v. 18.11.2016 – V ZR 266/14 = NJW 2017, 2412; neu ist diese Auffassung nur für bayerische Gemeinden, für alle anderen Länder entsprach das Urteil schon der bisher herrschenden Meinung. Als Reaktion hierauf hat die Bayerische Staatsregierung mit LT-Drs. 17/14651 v. 6.12.2016 einen Gesetzesentwurf zur Änderung des bisherigen Art. 38 BayGO in den Landtag eingebracht, um die Vertretungsmacht des Bürgermeisters nun normativ zu beschränken.
[65] BGH v. 20.1.1994 – VII ZR 174/92 – BauR 1994, 363.
[66] LAG Düsseldorf v. 12.6.2003 – 5 Sa 1324/01 – JurionRS 2003, 11406; Anders noch die Rechtsprechung, wenn die Genehmigung der bischöflichen Behörde (Landessynode) nötig ist oder öffentliches Interesse entgegensteht; vgl. OLG Hamm v. 16.11.1987 – 17 U 72/87 – NJW-RR 1988, 467 und KG v. 14.11.2000 – 15 U 9368/99 – IBR 2001, 674;

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