Cordula Schah-Sedi, Michel Schah-Sedi
Rz. 200
Es gilt die Einschränkung der Fähigkeit zur Haushaltsführung von anderen ähnlichen Begriffen abzugrenzen. So findet im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung der Begriff der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im SGB VII Verwendung. Demgegenüber spricht man im sozialen Entschädigungsrecht in der Anlage zu § 2 VersMedV heute vom Grad der Schädigungsfolgen (GdS) und dem Grad der Behinderung (GdB). Der vormals auch hier verwendete Begriff der MdE ist dadurch abgelöst worden. All das hat nichts mit der Arbeitsunfähigkeit (AU) – einem Begriff aus der gesetzlichen Krankenversicherung – zu tun. Auch die Gliedertaxe aus dem Bereich der privaten Unfallversicherung ist davon abzugrenzen.
Rz. 201
Bei der MdH geht es darum, das Ausmaß der unfallbedingten Beeinträchtigung des verletzten Haushaltsführenden und die dadurch bedingte konkrete Einschränkung in der Haushaltsführungsfähigkeit zu erfassen. Ausgangspunkt sind dabei sowohl physische als auch psychische Verletzungsbilder, die durchaus gleichrangig nebeneinanderstehen können bzw. miteinander verbunden sein können. Verletzungen der Psyche (sowohl als Primär- als auch als Sekundärverletzung) können durchaus in Verbindung mit, aber auch vollkommen ohne physische Verletzungsbilder zu einer MdH führen.
Rz. 202
Einen Gleichklang, etwa in dem Sinne, dass immer ein bestimmter Prozentsatz einer medizinisch festgestellten MdE zugleich die MdH darstellt, so wie es gelegentlich von Vertretern der Assekuranz bei der Regulierung behauptet wird, gibt es nicht. Im Einzelfall kann sogar eine relativ geringe MdE/ein geringer GdS/ein geringer GdB eine recht hohe MdH mit sich bringen. Auch ein umgekehrter Fall ist durchaus denkbar. Nicht selten sind auch die Fälle, in denen die MdE 100 % beträgt und die MdH ebenfalls 100 % ergibt. Dahinter verbergen sich häufig Verletzungsfälle, bei denen physisch, psychisch und kognitiv vom Geschädigten keinerlei Haushaltsführungstätigkeit erbracht werden kann.
Rz. 203
Andererseits ist es aber genauso möglich, dass im Einzelfall ein geringerer Grad der Erwerbsminderung vorliegt und der Verletzte dennoch gänzlich außer Stande ist, den Haushalt zu versorgen. Hier spielen die Einzelheiten der erlittenen Verletzungen und die daraus resultierenden Behinderungen gerade im Haushalt die entscheidende Rolle (LG Saarbrücken zfs 2006, 501).
Rz. 204
Man wird in etwa sagen können, dass eine hohe MdE/ein hoher GdS/ein hoher GdB oftmals auch eine hohe MdH mit sich bringt. Andererseits kann eine geringe MdE/ein geringer GdS/ein geringer GdB durchaus im Einzelfall zu einer relativ hohen MdH führen.
Praxistipp
Versicherer wenden gerne die "Faustformel" an, wonach die MdE zu einer exakt halb so hohen MdH führt (so die mittlerweile überholte Rechtsprechung OLG Nürnberg DAR 2001, 366; LG Aachen NZV 2003, 137). Dies ist grundsätzlich falsch! Es ist im Einzelfall zu ermitteln, welche Arbeiten im Haushalt unfallbedingt nicht mehr möglich oder nicht mehr zumutbar sind. Dies ist je nach Größe und Ausstattung des Haushaltes unterschiedlich und deshalb einer "Faustformel" keinesfalls zugänglich.
Die MdH kann besser aus der IFH-Tabelle/Schah Sedi, § 9 Rn 2, Tabelle 6 abgelesen oder mit Hilfe der IFH-Tabelle/Schah Sedi, § 8 Rn 1 ff., Tabelle 5 selbst errechnet werden.