Rz. 26

Weitere Voraussetzungen für das Zustandekommen des (in seiner Höhe) gesetzlich fixierten Anspruchs ist das Unterlassen der Klageerhebung durch den Arbeitnehmer nach vorheriger Belehrung über die Folgen dieses Unterlassens. Der Arbeitnehmer darf innerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG keine Klage erheben. Damit steht aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes fest, dass jede Klageerhebung schadet. Erhebt der Arbeitnehmer somit eine Kündigungsschutzklage und nimmt diese später zurück, kann ein Anspruch nach § 1a KSchG nicht entstehen.[37]

 

Rz. 27

Mit "Verstreichenlassen der Klagefrist" ist ausschließlich die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG gemeint. Nach Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung ist der Anspruch somit aufschiebend bedingt entstanden. Es handelt sich insbesondere nicht nur um ein Anwartschaftsrecht.[38] Denn ein Anwartschaftsrecht entsteht immer dann, wenn nicht alle Voraussetzungen des Vollrechts gegeben sind. Dies ist hier nicht der Fall. Lediglich ordnet das Gesetz an, dass die Fälligkeit der Abfindung später eintritt, nämlich mit Ablauf der Kündigungsfrist. Die Fälligkeit ist jedoch keine Anspruchsvoraussetzung.

 

Rz. 28

Das Gesetz verweist auf die Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG bezüglich deren Länge. Wann diese Frist beginnt und wann sie endet, bestimmt sich ausschließlich nach § 4 KSchG. Hängt also die Wirksamkeit der Kündigung von der Zustimmung einer Behörde ab, beginnt die Klagefrist auch erst mit Bekanntgabe der behördlichen Entscheidung an den Arbeitnehmer, § 4 S. 4 KSchG. Für die umständliche Konstruktion eines nachträglichen Entfallens des Abfindungsanspruchs[39] fehlt daher das Bedürfnis.

 

Rz. 29

Bei dem Verstreichenlassen handelt es sich, wie unter Rdn 8 dargestellt, um eine gesetzlich fingierte Willenserklärung. Es ist dem Arbeitnehmer somit grundsätzlich möglich, die Anfechtung zu erklären. Kein möglicher Anfechtungsgrund ist aber nach der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre der Irrtum über die Rechtswirkung der Erklärung. Nach dem Inhalt des Angebots soll die Klageerhebung die einzige Handlung sein, die eine Ablehnung des Angebots zum Ausdruck bringt. Demnach kann eine im Zusammenhang mit der Übergabe der Kündigung ausdrücklich geäußerte spontane Ablehnung des Arbeitnehmers dann, wenn er danach gleichwohl die Klagefrist verstreichen lässt, nicht als Ablehnung des Angebots nach § 1a KSchG verstanden werden.[40]

[37] So auch Nägele, ArbRB 2003, 274, 276; Grobys, DB 2003, 2174, 2175; Giesen/Besgen, NJW 2004, 185, 188.
[38] A.A.: "Anspruch entsteht erst mit Ablauf der Kündigungsfrist": BAG v 10.5.2007, NZA 2007, 1043; "Anwartschaftsrecht": Grobys, DB 2003, 2174, 2175.
[39] Zeising/Kröpelin, DB 2005, 1626, 1628.
[40] Diese Auslegung halten unter Verweis auf § 146 Alt. 1 BGB aber Thüsing/Wege für richtig.

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