Rz. 8

Das Abstellen eines Kfz innerhalb eines angeordneten Haltverbotsbereichs stellt einen Verstoß gegen geschriebenes Recht dar. Damit stellt es nicht nur eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne der polizeilichen Generalklausel dar, sondern bereits eine eingetretene Störung. Zu ihrer Beseitigung können auf der Grundlage der polizeilichen Generalermächtigung i.V.m. Zwangsmaßnahmen geeignete Maßnahmen getroffen werden, wozu auch das Abschleppen gehört.[11]

[11] Vgl. z.B. OVG Schleswig Urt. v. 28.2.2000 – 4 L 135/99, DAR 2001, 475.

1. Absolutes Haltverbot (Zeichen 283)

 

Rz. 9

Ein Verstoß beinhaltet die Gefahr und Störung der öffentlichen Sicherheit i.S.d. polizeilichen Generalklausel.[12] Abschleppen ist rechtmäßig, auch wenn keine konkrete Behinderung vorliegt. Ist das Haltverbot mit einem Hinweisschild auf einen Sicherheitsbereich verbunden (vgl. § 1 Abs. 3 BGSG i.V.m. § 14 BGSG), so darf auch hier abgeschleppt werden.[13]

 

Rz. 10

Ein im absoluten Haltverbot abgestellter Pkw mit Parkausweis für Behinderte darf auch dann abgeschleppt werden, wenn im Fahrzeug ein spezieller Parkausweis für Behinderte ausliegt. Der Annahme eines Verkehrsverstoßes steht hier nicht das Vorhandensein einer Sonderparkerlaubnis nach § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO (Blaue Parkkarte) entgegen. Zwar werden hier aufgrund außergewöhnlicher Gehbehinderung durch eine Ausnahmegenehmigung Parkerleichterungen gewährt, so u.a. die Erlaubnis zum Parken im eingeschränkten Haltverbot bis zu drei Stunden oder auch zum Parken an Parkuhren und Parkscheinautomaten ohne Gebühr und zeitliche Begrenzung (vgl. Verwaltungsvorschriften zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO). Das Parken im absoluten Haltverbot ist davon jedoch nicht mit erfasst. Damit liegt hier ein Verkehrsverstoß vor, der eine Abschleppmaßnahme rechtfertigt. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im Fahrzeug des Betroffenen ein Schwerbehindertenausweis bzw. eine sogenannte Blaue Parkkarte auslag, besteht keine behördliche Verpflichtung zu überprüfen, ob außerhalb des Nahbereichs liegende Behindertenparkplätze bzw. sonstige freie und zulässige Parkplätze zur Umsetzung zur Verfügung standen.[14]

[12] Zum Abschleppen eines Kfz vor einem Haltverbot: BVerwG zfs 1994, 189; BVerwG NJW 1978, 656; zfs 1997, 196; OVG Saarland SKZ 1991, 112; VGH BW, Urt. v. 17.6.2003 – 1 S 2025/01, VerkMitt. 2004, 7; VG Saarland, Urt. v. 17.3.1992 – 5 K 41/91; VG Koblenz zfs 1997, 40; OVG NRW DVBl 1996, 575 = NVwZ-RR 1996, 59; HambOVG zfs 2009, 533; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.9.2008 – OVG 1 N 65.08; VG Berlin zfs 2011, 59; HessVGH, Urt. v. 31.1.2013 – 8 A 1667/12, VerkMitt 2013, 52 (Nr. 45).
[13] BVerwG zfs 1994, 189; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11.11.2008 – OVG 1 N 77.08; VG Koblenz zfs 1997, 40; VG Berlin zfs 2011, 59.
[14] VG Köln, Urt. v. 1.10.2015 – 20 K 5858/14, rechtskräftig. Beachte in diesem Zusammenhang aber auch: BVerfG, Beschl. v. 24.3.2016 – 1 BvR 2012/13, zfs 2016, 414: Ein ausgewiesener Behindertenparkplatz muss gerade im Sinne der Benutzung durch Behinderte "verkehrssicher" gestaltet werden. Die Verkehrssicherungspflicht für einen eingerichteten und als solchen gekennzeichneten Behindertenparkplatz ist daher im Lichte der grundgesetzlichen Bestimmung des Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG zu sehen.

2. Eingeschränktes Haltverbot (Zeichen 286)

 

Rz. 11

Das eingeschränkte Haltverbot[15] ist das Verbot, länger als drei Minuten auf der Fahrbahn zu halten, ausgenommen zum Ein- und Aussteigen oder zum Be- oder Entladen;[16] bei Zuwiderhandlung besteht gleichzeitig sofort das vollziehbare Gebot, das Fahrzeug zu entfernen. Das Abschleppen ist rechtmäßig, wenn sich durch das Abstellen des Kfz eine gegenwärtige und konkrete Gefährdungslage ergibt, die auch dem Schutzzweck des eingeschränkten Haltverbots zuwiderläuft. Eine konkrete Behinderung ist ausreichend.[17]

[15] VGH BW zfs 1995, 237; OVG NRW NJW 1998, 2465 = DAR 1998, 365; HessVGH, Urt. v. 31.1.2013 – 8 A 1667/12, VerkMitt 2013, 52 (Nr. 45).
[16] Anl. 2 StVO lfd. Nr. 63, Erläuterung.
[17] OVG NRW NVwZ 1998, 990. Zum Einrichten von Sonderparkplätzen für den Ladevorgang von Elektrofahrzeugen mit Haltverboten für andere siehe Mayer/Warnecke, KommJur 2013, 361, 364 f.

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