Rz. 303

Unmittelbar nach seiner Bestellung hat der Wahlvorstand "in der Wahlversammlung" die Wahl des Betriebsrates einzuleiten (§ 30 Abs. 1 S. 1 WO). Er muss hierfür die Wählerliste aufstellen (§ 30 Abs. 1 S. 2, S. 4 WO), die Zahl der Mindestsitze für das Geschlecht in der Minderheit errechnen (§ 32 WO) und das Wahlausschreiben erlassen (§ 31 WO). Zu Letzterem gehört, dass er die hierfür notwendigen Feststellungen trifft. Da diese Beschlüsse "in der Wahlversammlung" erlassen werden, ist davon auszugehen, dass diese erste Wahlvorstandssitzung öffentlich ist (Fitting, § 30 WO Rn 2; DKW/Homburg, § 30 WO Rn 9). Der Auffassung, dass die Beschlüsse wie sonst auch in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden (dafür GK/Jacobs, § 30 WO Rn 1, m.w.N.), würde bedeuten, dass die Wahlversammlung hierfür vielleicht sogar mehrfach unterbrochen werden müsste, wobei unklar wäre, wie lange diese Unterbrechung dauern würde – immerhin sollen ja auch noch die Wahlvorschläge in dieser ersten Wahlversammlung gemacht und entgegengenommen werden.

 

Rz. 304

Im Hinblick auf die zwingenden Feststellungen in der Wahlversammlung dürfte es zulässig sein, diese erste Wahlversammlung zu vertagen – etwa wenn der Wahlvorstand für die zu treffenden Feststellungen noch weitere Informationen benötigt. Möglich ist, während der weiterlaufenden Wahlversammlung Informationen vom Arbeitgeber oder seinem Vertreter einzuholen (nach GK/Jacobs, § 30 WO Rn 2, als "kurzfristige Unterbrechung" bezeichnet. Sollen aber während dieser Unterbrechungen die teilnehmenden Arbeitnehmer wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren müssen?). Falls die Einschätzungen des Wahlvorstandes nicht zutreffen, muss die Wahl ggf. angefochten werden. Der Zweck, so schnell wie möglich einen Betriebsrat zu bekommen, ist auch dann erreicht. Der Arbeitgeber ist selbst mitverantwortlich für Unklarheiten, wenn sich aus den von ihm übergebenen Unterlagen keine ausreichenden Feststellungen ablesen lassen. Korrekturen zur Wählerliste können wie im normalen Wahlverfahren bis zum Ende der zweiten Wahlversammlung noch nachträglich erfolgen.

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