Rz. 1534

Der wichtigste Fall der Beendigung der Betriebsvereinbarung ist – neben dem Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung, die die vorherige Betriebsvereinbarung unabhängig von Günstigkeit oder Ungünstigkeit als spätere Regelung ohne Weiteres ablöst (Einzelheiten vgl. bei GK/Kreutz, § 77 Rn 401 f.) – die Kündigung. Nach § 77 Abs. 5 BetrVG kann die Betriebsvereinbarung, soweit nicht anderes vereinbart wurde, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Die Drei-Monats-Frist gilt in Fällen, in denen die Betriebsvereinbarung die Insolvenzmasse belasten würde, unabhängig von der vereinbarten Kündigungsmöglichkeit und Kündigungsfrist auch im Fall der Insolvenz (§ 120 Abs. 1 S. 2 InsO).

 

Rz. 1535

Eines wichtigen Grundes bedarf die Kündigung nur, wenn es sich um eine außerordentliche Kündigung handelt, die auch fristlos erfolgen kann. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung ist nicht abdingbar (BAG v. 17.1.1995 – 1 ABR 29/94, juris; zum Ganzen GK/Kreutz, § 77 Rn 404 ff., 413).

 

Rz. 1536

Eines besonderen Kündigungsgrundes bedarf es für Kündigungen von Betriebsvereinbarungen, selbst wenn es sich um Betriebsvereinbarungen über betriebliche Altersversorgung handelt, nicht. § 77 Abs. 5 BetrVG regelt ein uneingeschränktes Kündigungsrecht. Allerdings ist die Wirkung der Kündigung, soweit bereits erworbene Versorgungsanwartschaften betroffen sind, durch das für solche Ansprüche entwickelte dreistufige Prüfungsschema beschränkt (BAG v. 8.12.2020 – 3 ABR 44/19, juris; weitere Einzelheiten bei GK/Kreutz, § 77 Rn 406 auch zu noch vertretenen Gegenmeinungen).

 

Rz. 1537

Die Teilkündigung einer Betriebsvereinbarung ist nach geänderter Rspr. des BAG regelmäßig zulässig, wenn der geänderte Teil einen selbstständigen Regelungskomplex betrifft, der ebenso in einer eigenständigen Betriebsvereinbarung geregelt werden könnte; ist dies der Fall, müssen die Betriebsparteien in der Betriebsvereinbarung deutlich zum Ausdruck bringen, wenn sie die Teilkündigung ausschließen können (BAG v. 6.11.2007 – 1 AZR 826/06, juris; BAG v. 8.12.2020 – 3 ABR 44/19, juris; a.A. GK/Kreutz, § 77 Rn 410 ff.: Teilkündigung nur, wenn diese vereinbart ist; Fitting, § 77 BetrVG Rn 153: nur, wenn es sich um einen selbstständigen Regelungskomplex handelt, der Gegenstand einer eigenen Betriebsvereinbarung sein könnte). Die Ansicht des BAG erscheint als konsequent, weil im Hinblick auf den Charakter der Betriebsvereinbarung als Norm regelmäßig auch eine Teilunwirksamkeit in Betracht kommt (vgl. zuletzt BAG v. 17.8.2021 – 1 AZR 175/20, juris). Die Teilunwirksamkeit kommt allerdings nur bei der Unwirksamkeit inhaltlicher Regelungen einer wirksamen Betriebsvereinbarung in Betracht – nicht aber dann, wenn der Unwirksamkeitsgrund die Geltung der Betriebsvereinbarung als solche betrifft (BAG v. 28.7.2020 – 1 ABR 4/19, juris).

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