aa) Zuweisung anderen Arbeitsbereichs

 

Rz. 1121

Unter "Versetzung" versteht man im Sprachgebrauch die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes, unabhängig davon, ob diese vertraglich, mit Einverständnis oder gegen den Willen des Arbeitnehmers erfolgt. Rechtlich ist zu unterscheiden:

 

Rz. 1122

Der Begriff "Versetzung" wird nur im BetrVG definiert. Dort bedeutet er nach § 95 Abs. 3 BetrVG die "Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches", die verbunden ist

entweder mit einer geplanten Dauer von mehr als einem Monat
oder mit einer erheblichen Änderung der Umstände, unter denen die Arbeit zu leisten ist.
 

Rz. 1123

Dabei wird der Arbeitsbereich i.S.d. § 95 Abs. 3 BetrVG in § 81 Abs. 2, Abs. 1 BetrVG umschrieben durch

die Aufgabe,
die Verantwortung des Arbeitnehmers,
die Art der Tätigkeit und
ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebes,
schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch kann aber auch die örtliche Verlegung des Arbeitsplatzes die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs ausmachen.

bb) Gesamtbild der Tätigkeit

 

Rz. 1124

Der Begriff ist räumlich und funktional zu verstehen. Er umfasst neben dem Ort der Arbeitsleistung auch die Art der Tätigkeit und den gegebenen Platz in der Organisation. Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches liegt vor, wenn sich das Gesamtbild der bisherigen Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert hat, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine "andere" anzusehen ist (BAG v. 8.11.2016 – 1 ABR 56/14, juris). Dies kann sich aus dem Wechsel des Inhaltes der Arbeitsaufgaben und der mit ihnen verbundenen Verantwortung und besonderen Belastungsfaktoren (BAG v. 29.2.2000 – 1 ABR 5/99, juris) ergeben, kann aus der Art der Tätigkeit, d.h. der Art und Weise folgen, wie die Arbeitsaufgabe zu erledigen ist, und kann mit einer Änderung der Stellung und des Platzes des Arbeitnehmers innerhalb der betrieblichen Organisation durch Zuordnung zu einer anderen betrieblichen Einheit verbunden sein.

 

Rz. 1125

Allerdings macht nicht jede noch so geringe Veränderung der beschriebenen Art den bisherigen Tätigkeitsbereich zu einem anderen. Jede einem Arbeitnehmer zugewiesene Tätigkeit ist laufenden Veränderungen unterworfen, die in der technischen Gestaltung des Arbeitsablaufes, neuen Hilfsmitteln und Maschinen oder einer Umorganisation des Arbeitsablaufes ihre Ursache haben können. Erforderlich ist, dass die eingetretene Änderung über solche im üblichen Schwankungsbereich liegende Veränderungen hinausgeht und zur Folge hat, dass die Arbeitsaufgabe oder die Tätigkeit eine "andere" wird (BAG v. 17.6.2008 – 1 ABR 38/07, juris).

 

Rz. 1126

 

Hinweis

"Arbeitsbereich" sind die Aufgabe und Verantwortung des Arbeitnehmers sowie die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs. Der Begriff ist räumlich und funktional zu verstehen. Er umfasst neben der Arbeitsleistung auch die Art der Tätigkeit und den gegebenen Platz in der betrieblichen Organisation. Um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs handelt es sich, wenn sich das gesamte Bild der Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert hat, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters nunmehr als eine "andere" anzusehen ist (BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 25/17, juris). Dies kann sich aus dem Wechsel des Inhalts der Arbeitsaufgaben und der mit ihnen verbundenen Verantwortung ergeben, kann aus einer Änderung des Arbeitsorts oder der Art der Tätigkeit, d.h. der Art und Weise folgen, wie die Arbeitsaufgabe zu erledigen ist, und kann mit einer Änderung der Stellung und des Platzes des Arbeitnehmers innerhalb der betrieblichen Organisation durch Zuordnung zu einer anderen betrieblichen Einheit verbunden sein (vgl. BAG v. 23.6.2009 – 1 ABR 23/08, juris). Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG bei der Versetzung knüpft dabei ausschließlich an die tatsächliche Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs als Realakt an (BAG v. 29.9.2020 – 1 ABR 21/20, juris).

cc) Vergleichsgrundlage

 

Rz. 1127

Liegt diese Konstellation vor (zu vergleichen ist der bisherige mit dem künftigen Beschäftigungsbereich), dann ist der Betriebsrat – wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen, nämlich geplanter Einsatz von mehr als einem Monat oder erhebliche Änderung der Umstände, unter denen die Arbeit zu leisten ist – nach § 99 BetrVG zu beteiligen. Das Gesetz verlangt die Zustimmung des Betriebsrates, die vom Arbeitgeber vor Durchführung der Maßnahme eingeholt werden muss. Selbst wenn also der Arbeitnehmer nur zu einem kurzfristigen Amerika-Einsatz gebeten wird (erhebliche Änderung der Umstände), selbst wenn er damit einverstanden ist, muss vorher der Betriebsrat um Zustimmung gebeten werden.

 

Hinweis

Auf betriebsverfassungsrechtlicher Ebene wird beim Versetzungsbegriff maßgeblich an die tatsächliche Zuweisung anderer Aufgaben als Realakt angeknüpft und nicht an die zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen. Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats dient nicht der Rechtskontrolle einer schuldrechtlichen Gestal...

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