Rz. 169

Auch Prokuristen müssen, damit die Prokura nicht als unbedeutend angesehen wird, falls sie keine Einstellungs- und Entlassungsbefugnis haben, im Innenverhältnis Aufgaben wahrnehmen dürfen, die den in § 5 Abs. 3 S. 2 BetrVG umschriebenen Leitungsfunktionen entsprechen oder nahekommen; wenn verlangt wird, dass diese Leitungsfunktionen den Angestellten in die Nähe des Arbeitgebers rücken und ihm bedeutsame Einwirkungsmöglichkeiten eröffnen müssen (so LAG Hamm v. 28.6.2006 – 13 TaBV 20/06, juris: verneint für einen Leiter Rechnungswesen und Finanzen in einem Betrieb mit 80 Arbeitnehmern; dies ist im Ergebnis zutreffend, weil der Angestellte Zeichnungsbefugnis nur bis 3.000,00 EUR besaß), so vermengt dies unzulässig die gesetzgeberische Wertentscheidung des § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BetrVG mit den in Nr. 3 gestellten Anforderungen.

 

Rz. 170

Der Gesetzgeber geht bei einem Prokuristen grds. von einer Qualifizierung als leitender Angestellter aus, nimmt aber "Titularprokuristen" mit für den Betrieb nicht bedeutsamer Zeichnungsbefugnis aus. Allerdings muss ein Prokurist unternehmerische Führungsaufgaben wahrnehmen; diese dürfen sich aber nicht in der Wahrnehmung von Stabsfunktionen erschöpfen (BAG v. 29.6.2011 – 7 ABR 5/10, juris: daher genügt die eigenverantwortliche Mandatsbearbeitung eines Rechtsanwalts und Steuerberaters einer Prüfungs- und Beratungsgesellschaft zur Begründung der Eigenschaft als Leitender Angestellter nicht).

 

Rz. 171

Unerheblich ist, wenn ein rechtlich hierzu befugter Angestellter von seiner ihm übertragenen Entlassungskompetenz bisher keinen Gebrauch gemacht hat (LAG Hamm v. 9.11.2007 – 10 TaBV 81/07, juris: Für den unmittelbar dem Vorstand einer Bank unterstellten Leiter der Revisionsabteilung mit Prokura). Anderes wird dann gelten, wenn die Kompetenz nur zum Schein formal eingeräumt worden ist.

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