aa) Personalfragebögen

 

Rz. 1059

Gem. § 94 Abs. 1 BetrVG bedürfen Personalfragebögen der Zustimmung des Betriebsrates. Kommt eine Einigung über ihren Inhalt nicht zustande, so kann diese durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt werden. § 94 BetrVG stellt also einen Fall der erzwingbaren Mitbestimmung dar. Sinn des Mitbestimmungsrechtes ist es, die Fragebögen auf diejenigen Fragen zu beschränken, für die ein berechtigtes Auskunftsbedürfnis des Arbeitgebers besteht. Der Betriebsrat darf seine Zustimmung also nicht willkürlich verweigern.

 

Rz. 1060

Unter Personalfragebögen sind i.d.R. formularmäßig zusammengefasste Fragen zu verstehen, die durch den Bewerber oder Arbeitnehmer ausgefüllt und beantwortet werden sollen, aber auch standardisierte Checklisten und Ähnliches. Der Begriff ist weit auszulegen, er umfasst auch nachträgliche formularmäßige Fragestellungen zum Zweck der Datenerfassung (BAG v. 21.9.1993 – 1 ABR 28/93, juris). Rein sachbezogene Arbeitsplatzerhebungsbögen sind jedoch zustimmungsfrei, soweit sie keine personalbezogenen Fragen enthalten. Daher unterliegt eine freiwillige sowie anonyme Mitarbeiterbefragung der Arbeitnehmer konzernangehöriger Unternehmen durch die Konzernleitung in Form eines Standardfragebogens in Papier zu den Themen "Ihre Arbeitsumgebung", "Ihre Arbeitsbedingungen", "Krankenhausleitung und Mitarbeitervertretung" sowie "Interne Organisation und Zeitmanagement" nicht der Mitbestimmung nach § 94 Abs. 1 S. 1 BetrVG (BAG v. 21.11.2017 – 1 ABR 47/16, juris); derartige Fragen zielen nicht auf das Ordnungsverhalten (BAG v. 11.12.2018 – 1 ABR 13/17, juris).

 

Rz. 1061

Der Zustimmung des Betriebsrates bedürfen Einführung und Änderung der Fragebögen, die einzelnen Fragen und der Verwendungszweck der Antworten. Zustimmungsbedürftig sind außerdem die Art der Erhebung und die Verarbeitung der Antworten, insb. im automatisierten Verfahren. Stimmt der Betriebsrat einem Personalfragebogen zu, der unzulässige Fragen enthält (zu den zulässigen und unzulässigen Fragen ausführlich Fitting, § 94 BetrVG Rn 14 ff.), so hat dies nicht die Konsequenz, dass der Arbeitnehmer die Frage richtig beantworten müsste; auch dann kann der Arbeitgeber im Fall der unrichtigen Beantwortung durch den Bewerber den Arbeitsvertrag nicht wirksam anfechten. Unzulässige Fragen dürfen immer unrichtig beantwortet werden, ohne dass der Arbeitgeber daraus Konsequenzen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses ziehen kann (sog. "Recht zur Lüge"). Der bloße Hinweis des Bewerbers auf die Unzulässigkeit der Frage birgt nämlich die Gefahr der Nichteinstellung. Umgekehrt kann die Falschbeantwortung einer berechtigten Frage, selbst wenn die Frage ohne Zustimmung des Betriebsrates gestellt worden ist, die Anfechtung oder Kündigung rechtfertigen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ist nämlich in erster Linie Mitbeurteilungsrecht (BAG v. 2.12.1999 – 2 AZR 724/98, juris; a.A. Fitting, § 94 Rn 35).

bb) Formularverträge

 

Rz. 1062

Die Bestimmungen des § 94 Abs. 1 BetrVG gelten nach seinem Abs. 2 auch für persönliche Angaben in schriftlichen Arbeitsverträgen, die allgemein für den Betrieb verwendet werden sollen. Der Betriebsrat hat also auch hier ein Mitbestimmungsrecht über deren Inhalt, soweit die Angaben sich auf die persönlichen Verhältnisse der Arbeitnehmer beziehen und über die Feststellung der Personalien hinausgehen. Hierdurch soll eine Umgehung des zwingenden Mitbestimmungsrechts aus Abs. 1 verhindert werden. Die sonstige inhaltliche Gestaltung der Verträge ist zustimmungsfrei (Richardi/Thüsing, § 94 Rn 56). Allerdings kann der Betriebsrat nicht die Unterlassung der Verwendung bestimmter Arbeitsvertragsformulare verlangen; der Antrag ist zu global, weil die Mitbestimmung auf die persönlichen Angaben der Arbeitnehmer beschränkt ist (LAG Nürnberg v. 21.12.2010 – 6 TaBVGa 12/10, juris).

 

Rz. 1063

Von dem Recht nach § 94 Abs. 1 und 2 BetrVG ist auch die schriftliche Abänderung eines mündlich abgeschlossenen Arbeitsvertrages umfasst, soweit sie persönliche Angaben verlangt, sowie die im Betrieb allgemein angestrebte Einwilligung der Arbeitnehmer zur Speicherung oder sonstigen Verarbeitung personenbezogener Daten (vgl. §§ 4 und 4a BDSG).

cc) Allgemeine Beurteilungsgrundsätze

 

Rz. 1064

Der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen ferner nach § 94 Abs. 2 BetrVG die allgemeinen Beurteilungsgrundsätze, die durch den Arbeitgeber aufgestellt werden. Hierunter sind Regelungen zu verstehen, die die Bewertung des Verhaltens oder der Leistung der Arbeitnehmer verobjektivieren und nach einheitlichen Kriterien ausrichten sollen, damit Beurteilungserkenntnisse miteinander verglichen werden können (BAG v. 23.10.1984 – 1 ABR 2/83, juris). Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist danach die Frage, nach welchen Gesichtspunkten der Arbeitnehmer insgesamt oder in Teilen seiner Leistung oder seines Verhaltens beurteilt werden soll. Mit solchen Grundsätzen soll ein einheitliches Vorgehen bei der Beurteilung und eine Bewertung nach einheitlichen Maßstäben ermöglicht und somit erreicht werden, dass die Beurteilungsergebnisse...

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