Rz. 779

Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates bei betriebsübergreifenden Versetzungen wird vom BAG (26.11.1993 – 1 AZR 303/92, juris) verneint, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber nach einem bestimmten System immer wieder einen Ringtausch von Arbeitnehmern vornimmt. Auch bei unternehmensübergreifender Matrixstruktur besteht eine Zuständigkeit von Gesamt- oder Konzernbetriebsrat für die Übertragung einer Führungsfunktion nicht (LAG Düsseldorf v. 20.12.2017 – 12 TaBV 66/17, juris; ebenso BAG v. 22.10.2019 – 1 ABR 13/18, juris). Will der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer vorübergehend oder auf Dauer in einen anderen Betrieb versetzen, muss er nach Rspr. des BAG (mit der Ausnahme des zur konkreten Maßnahme vorhandenen Einverständnisses des Arbeitnehmers, bei der es der Mitbestimmung des abgebenden Betriebsrates nicht bedarf) das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in doppelter Weise beachten. Er muss die Zustimmung des Betriebsrates des abgebenden Betriebes und zusätzlich die Zustimmung des Betriebsrates des aufnehmenden Betriebs einholen.

 

Rz. 780

 

Hinweis

Diese Rspr. gilt grundsätzlich für alle personellen Einzelmaßnahmen. Auch bei Kündigungen steht die Mitbestimmung nach § 102 BetrVG dem jeweiligen Einzelbetriebsrat zu. Dies gilt selbst dann, wenn dadurch die Mitbestimmung nach § 102 BetrVG gänzlich entfällt, was etwa der Fall ist, wenn ein Betrieb als Ganzes auf einen neuen Inhaber übergeht. Widerspricht dann ein Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses, kann der alte Arbeitgeber ihm kündigen, ohne einen Betriebsrat zu beteiligen: Einen Betriebsrat gibt es für diesen Arbeitnehmer nicht mehr, weil der Betriebsrat mit dem Betrieb übergegangen ist und der widersprechende Arbeitnehmer keinem Betrieb mehr zuzuordnen ist. Die Zuständigkeit des beim neuen Arbeitgeber bestehenden Betriebsrates besteht ebenso wenig wie die Zuständigkeit eines vorhandenen Gesamtbetriebsrates (BAG v. 21.3.1996 – 2 AZR 559/95, juris; BAG v. 8.5.2014 – 2 AZR 1005/12, juris). Eine Ausnahme mit der Folge der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats könnte – insb. für die Mitbestimmung bei beabsichtigten Kündigungen – allenfalls dann gelten, wenn ein Arbeitsverhältnis mehreren Betrieben eines Unternehmens gleichzeitig zuzuordnen ist (offengelassen von BAG v. 21.3.1996 – 2 AZR 559/95, juris; BAG v. 12.6.2019 – 1 ABR 5/19, juris, und BAG v. 22.10.2019 – 1 ABR 13/18, juris; "erwogen" von BAG v. 16.12.2010 – 2 AZR 576/09; vgl. auch Rdn 1105 ff.).

 

Rz. 781

Bei allgemeinen personellen Angelegenheiten kann die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates dagegen begründet sein, etwa bei unternehmenseinheitlicher Personalplanung (§ 92 BetrVG; anders für die auf den Betrieb beschränkte Personalplanung: LAG Baden-Württemberg v. 12.7.2017 – 2 TaBV 5/16, juris), allgemeinen Beurteilungsgrundsätzen (§ 94 Abs. 2 BetrVG, vgl. LAG Hamburg v. 18.2.2013 – 8 TaBV 11/12, juris; aufgehoben von BAG v. 17.3.2015 – 1 ABR 48/13, juris), unternehmenseinheitlichen Auswahlrichtlinien (§ 95 BetrVG) oder unternehmenseinheitlicher Berufsbildung (§ 98 BetrVG), nicht aber bei Stellenausschreibungen nach § 93 BetrVG (LAG Niedersachsen v. 20.2.2019 – 13 TaBV 24/18, juris); Einzelheiten vgl. etwa bei GK-BetrVG/Franzen, § 50 Rn 49 ff.; Richardi/Annuß, § 50 Rn 19 ff.).

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