Rz. 524

Gem. § 37 Abs. 2 BetrVG sind Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Schmälerung des Arbeitsentgeltes nur insoweit zu befreien, als dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratsaufgaben erforderlich ist. Ab einer bestimmten Arbeitnehmerzahl sind nach der Vorstellung des Gesetzgebers regelmäßig Betriebsratsaufgaben in einem solchen Umfang wahrzunehmen, dass es erforderlich ist, bestimmte Betriebsratsmitglieder gänzlich ohne Prüfung des Einzelfalles von ihrer Arbeitsverpflichtung zu befreien. Durch BetrVG-Reform 2001 ist die in § 38 Abs. 1 BetrVG niedergelegte Staffelung zugunsten einer durchgehenden Erweiterung der Freistellungen verändert worden. Nunmehr ist schon ab i.d.R. 200 beschäftigten Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied vollständig von der Arbeit freizustellen, ab 501 i.d.R. beschäftigten Arbeitnehmer ein zweites, ab 901 ein drittes usw.

 

Rz. 525

Eine pauschale Freistellung nach § 38 BetrVG ist allerdings nur für Betriebsratsmitglieder vorgesehen, nicht aber für Gesamt- oder Konzernbetriebsratsmitglieder. Dies erscheint misslich, aber angesichts der Gesetzeslage zwingend. Allerdings kann der Konzernbetriebsrat bei Vorliegen entsprechender Notwendigkeiten die Freistellung oder Teilfreistellung von Mitgliedern nach § 37 Abs. 2 BetrVG verlangen, was letztlich einer Freistellung nach § 38 BetrVG gleichkommt (vgl. BAG v. 23.5.2018 – 7 ABR 14/18, juris; anders noch LAG Hessen v. 20.6.2016 – 16 TaBV 101/15, juris: § 38 Abs. 2 BetrVG entsprechend).

 

Rz. 526

Maßgebend sind die "in der Regel beschäftigten" Arbeitnehmer des Betriebes – auf die Wahlberechtigung kommt es nicht an (LAG Hessen v. 12.8.2013 – 16 TaBV 25/13, juris). Dies gilt auch für Leiharbeitnehmer, wenn sie zum regelmäßigen Personalbestand zählen (jetzt § 14 Abs. 2 S. 4 AÜG, vgl. BAG v. 2.8.2017 – 7 ABR 51/15, juris). Nicht entscheidend ist die Größe des Betriebsrates. Es kann also auch während der Wahlperiode zu zusätzlichen Freistellungen oder auch zum Verlust eines oder mehrerer Freigestellter führen, wenn sich die für den Betrieb als regelmäßig anzusehende Arbeitnehmerzahl ändert, etwa durch Betriebsspaltung, betriebsbedingte Kündigungen oder Einstellungen. Für die Feststellung der Zahl der "in der Regel" Beschäftigten ist sowohl eine rückblickende Betrachtung anzustellen, für die ein Zeitraum von sechs Monaten bis zwei Jahren als angemessen erscheint, als auch eine Prognose, die konkrete Veränderungsentscheidungen des Arbeitgebers über einen unmittelbar bevorstehenden Rückgang der Arbeitnehmerzahlen berücksichtigt (BAG v. 2.8.2017 – 7 ABR 51/15, juris).

 

Rz. 527

 

Hinweis

Beamte, Soldaten und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind, "gelten" nach § 5 Abs. 1 S. 3 BetrVG als Arbeitnehmer i.S.d. BetrVG. Daher sind sie sowohl bei der Zahl der i.d.R. Beschäftigten (§ 9 BetrVG) als auch bei der Zahl der freizustellenden Betriebsräte (§ 38 BetrVG) zu berücksichtigen (BAG v. 15.12.2011 – 7 ABR 65/10, juris). Dagegen waren nach der früheren Rechtsprechung des BAG Leiharbeitnehmer trotz ihres aktiven Wahlrechts bei mehr als dreimonatiger Beschäftigung nicht zu berücksichtigen (BAG v. 22.10.2003 – 7 ABR 3/03, juris). Diese Rechtsprechung hat das BAG aufgehoben (BAG v. 18.1.2017 – 7 ABR 60/15, juris; BAG v. 2.8.2017 – 7 ABR 51/15, juris); der Streit ist durch die ab 1.4.2017 in Kraft getretene Vorschrift des § 14 Abs. 2 S. 4 AÜG zudem obsolet geworden.

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