Rz. 8

Bei Kündigungsrechtsstreitigkeiten empfiehlt es sich prozesstaktisch und entspricht es typischerweise dem Willen des Mandanten, sämtliche bestehenden Ansprüche (vgl. § 29 Rdn 1 ff.) durchzusetzen. Zu diesem Zweck ist es sinnvoll, den Arbeitgeber vor Klageerhebung aufzufordern, die bestehenden Ansprüche zu erfüllen bzw. dazu Stellung zu nehmen.

 

Rz. 9

Bei der Abrechnung der Tätigkeit kann gegenüber der Rechtsschutzversicherung durch Vorlage der außergerichtlichen Korrespondenz (und der außergerichtlichen Vollmacht) nachgewiesen werden, dass nicht nur hinsichtlich des Bestandes des Arbeitsverhältnisses, sondern auch hinsichtlich der weiteren geltend gemachten Ansprüche ein Rechtsschutzfall eingetreten und die Rechtsschutzversicherung auch hinsichtlich der weiteren Ansprüche einstandspflichtig ist. Wird das Schreiben an den Arbeitgeber von diesem nicht oder nicht vollständig beantwortet, ist der Rechtsschutzfall im Hinblick auf die offenen Fragen eingetreten.[1]

 

Rz. 10

Das Schreiben an den Arbeitgeber hat aber auch den Sinn, die Rechtsschutzversicherung umfassend über die geltend zu machenden Ansprüche zu informieren, damit die Deckungszusage sich auf alle etwaigen Ansprüche erstreckt. Andernfalls kann die Rechtsschutzversicherung einwenden, die Deckungszusage würde sich nur auf einen Teil der Ansprüche beziehen, insbesondere nur auf die Abwehr der Kündigung.

 

Rz. 11

Ferner soll mit dem Schreiben der Auftrag nur für die außergerichtliche Tätigkeit dokumentiert werden. Damit kann auch der Argumentation entgegengetreten werden, man habe sich sogleich einen Klagauftrag vom Mandanten geben lassen können.

 

Rz. 12

Das Schreiben dient auch dazu, für möglichst alle Ansprüche des Mandanten etwaige arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen zu wahren. Dazu müssen die Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach so genau wie möglich angegeben werden.[2] Dies gilt unabhängig von der Frage, ob dies nach neuester Rechtsprechung des BAG noch zwingend notwendig ist.[3]

 

Rz. 13

Schließlich dient das Schreiben auch dazu, sich über das Gesamtvolumen des Auftrags und damit des Gegenstandswertes Klarheit zu verschaffen.

[1] Vgl. hierzu auch das Musterschreiben bei Schaefer/Schaefer, § 9 Rn 5.
[3] Nach dem Urt. des BAG v. 19.9.2012 – 5 AZR 627/11 sind tarifvertragliche Ausschlussfristen, die eine rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung vorsehen, verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die vom Erfolg einer Bestandsschutzstreitigkeit abhängigen Ansprüche bereits mit der Klage in der Bestandsstreitigkeit (Kündigungsschutz- oder Befristungsklagen) gerichtlich geltend gemacht sind. Dies hat das BAG in seinem Urt. v. 19.3.2008 – 5 AZR 429/07 bereits für vertragliche Ausschlussfristen in zweiter Stufe entschieden.

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