Rz. 3

In den verschiedenen Risikobereichen des Rechtsschutzes wird regelmäßig nur die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherten geschützt (§§ 1 ARB 2010, 1 ARB 2012). Rechtliche Interessen werden nicht schon dadurch wahrgenommen, dass ein Rechtsanwalt eingeschaltet wird. Vielmehr muss die Interessenwahrnehmung auch tatsächlich Rechtskenntnisse erfordern und der typischen Tätigkeit und dem Aufgabengebiet eines Rechtsanwaltes entsprechen,[6] somit also der Schaffung oder Gestaltung von Rechtsverhältnissen bzw. – ob nun in materieller oder in formeller Hinsicht – der Verfolgung, der Wahrung oder dem Bestreiten von Rechten, oder der Geltendmachung von Gegenrechten dienen.[7] Dies wird aber in der Praxis regelmäßig der Fall sein.

 

Rz. 4

Dieses Tatbestandsmerkmal hatte bis Anfang der 1990er-Jahre eine stärkere Abgrenzungsfunktion. Namentlich die Abgrenzung der Wahrnehmung von potenziell versicherten, rechtlichen Interessen gegenüber der Wahrnehmung von nicht versicherten, sonstigen wirtschaftlichen Interessen.[8] So handelte es sich aus der Sicht der Rechtsschutzversicherung u.U. schon nicht um die Wahrnehmung "rechtlicher Interessen", sondern bloß "wirtschaftlicher Interessen", wenn z.B. im Rahmen bestehender Vertragsfreiheit der Parteien schlichte Vertragsverhandlungen geführt werden. So etwa, wenn der Schuldner wegen seiner augenblicklichen Zahlungsschwäche mit Hilfe eines Rechtsanwalts versucht, den Gläubiger einer bereits titulierten oder sonst völlig unstreitigen Forderung zur Gewährung eines Zahlungsaufschubs zu bewegen (wenn dabei rechtliche Fragen nicht berührt werden oder rechtliche Schritte nicht zu unternehmen sind).[9] Der BGH hat diese Abgrenzung rechtlicher Interessen von sonstigen wirtschaftlichen Interessen letztlich schon früh für undurchführbar gehalten.[10] Solche Fälle werden daher, wenn, dann heute unter anderen Gesichtspunkten diskutiert. Teilweise wird in Anlehnung an den Wortlaut von §§ 125 VVG, 1 ARB 2010 (1 ARB 2012) schon die "Erforderlichkeit" der rechtlichen Interessenwahrnehmung verneint.[11] In Betracht kommt zudem, dass die Erfolgsaussichten fehlen oder die Interessenwahrnehmung mutwillig ist, § 3a ARB 2010 (3.4 ARB 2012).[12] Ebenfalls kann fraglich sein, ob überhaupt ein Versicherungsfall eingetreten ist. Fehlt es an letzterem, wird manchmal von einer nicht versicherten, rein "vorsorgenden Interessenwahrnehmung" gesprochen.

 

Rz. 5

Die Interessenwahrnehmung selbst wird, wenn sie (wie regelmäßig) im dargestellten Sinne "rechtlich" und im Übrigen versichert ist, in allen ihren möglichen Abstufungen vom Rechtsschutz begleitet: von der intern bleibenden Beratung des Mandanten über die Führung außergerichtlicher Korrespondenz und/oder Besprechungen bzw. Verhandlungen sowie die Vertretung im gerichtlichen Erkenntnisverfahren bis hin zur Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung (Deckung besteht regelmäßig maximal bis zur dritten Vollstreckungsmaßnahme je Titel (§ 5 Abs. 3 Buchst. d ARB 2010 bzw. 3.3.5. ARB 2012).

[6] Van Bühren/Plote, § 1 Rn 34.
[7] In diesem Sinne Harbauer, § 1 Rn 12.
[8] Harbauer, § 1 Rn 9 ff.; Prölss/Martin, § 1 Rn 23 ff.
[9] Vgl. Harbauer, § 1 Rn 9 f.
[12] Harbauer, § 1 Rn 46; Prölss/Martin, § 1 Rn 7, 26 beide auch gegen eine eigenständige Bedeutung der "Erforderlichkeit".

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