Rz. 473

Als einziges Rechtsmittel gegen das Urteil oder den Beschluss des Gerichts ist die Rechtsbeschwerde nach § 79 OWiG zulässig. Das Verfahren richtet sich entsprechend § 79 Abs. 2 OWiG nach den strafprozessualen Vorschriften über die Revision.

 

Rz. 474

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb einer Woche nach Verkündung des Urteils beim Amtsgericht einzulegen, es sei denn, der Betroffene war in der Hauptverhandlung nicht anwesend. Dann beginnt die Frist mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung. Dies gilt auch dann, wenn der Betroffene in der Hauptverhandlung durch einen Verteidiger vertreten war. Die Rechtsbeschwerde ist schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird. Die Rechtsbeschwerde kann auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden und einen bestimmten Antrag enthalten, aus dem hervorgeht, inwieweit die Entscheidung angefochten wird. Wie die Revisionsschrift ist auch die Rechtsbeschwerde zu begründen. Die Begründung stellt eine zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung dar. Es können nur Rechtsfehler gerügt werden, tatsächliche Feststellungen sind im Rahmen einer Rechtsbeschwerde nicht angreifbar. Die Rechtsbeschwerde kann nur auf Verfahrens- oder Sachrügen gestützt werden, wobei die Verfahrensrüge strengen Formvorschriften unterliegt. Aus der Begründung muss hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung des materiellen Rechts oder wegen Verletzung verfahrensrechtlicher Bestimmungen angegriffen wird. Der Antrag und die Begründung der Rechtsbeschwerde müssen innerhalb eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde erfolgen, es sei denn, die schriftlichen Urteilsgründe sind noch nicht zugestellt.[241]

 

Rz. 475

Ist die Rechtsbeschwerde unzulässig oder unbegründet, verwirft das Rechtsbeschwerdegericht diese. Ist die Rechtsbeschwerde hingegen zulässig und begründet, wird die Entscheidung aufgehoben. Das Rechtsbeschwerdegericht verweist die Sache dann entweder an das Amtsgericht bzw. ein anderes Amtsgericht zurück oder entscheidet in der Sache selbst.

 

Rz. 476

Eine Rechtsbeschwerde ist nicht immer statthaft, sondern nur dann, wenn eine der Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 OWiG gegeben sind. Demnach muss beispielsweise eine Geldbuße festgesetzt worden sein, die mehr als 250 EUR beträgt oder eine Nebenfolge, beispielsweise ein Fahrverbot, verhängt worden sein. Im Fall des Freispruchs, der Einstellung des Verfahrens oder des Absehens von der Verhängung eines Fahrverbots ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn gegen den Betroffenen ursprünglich eine Geldbuße von mehr als 600 EUR festgesetzt bzw. ein Fahrverbot verhängt oder von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war. Im Übrigen bedarf es ansonsten immer der Zulassung der Rechtsbeschwerde. Diese setzt einen entsprechenden Antrag voraus, vgl. §§ 79 Abs. 1 S. 2, 80 OWiG. Zuständig für die Zulassung ist das Beschwerdegericht. Dieses entscheidet darüber, ob die Zulassungsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist. Schließlich ist das Urteil auch wegen Versagung des rechtlichen Gehörs durch die Zulassungsbeschwerde angreifbar. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde muss innerhalb einer Woche nach Verkündung des Urteils bzw. innerhalb einer Woche nach Zustellung des Urteils bei Verkündung in Abwesenheit des Beschwerdeführers gestellt werden. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt als vorsorglich eingelegte Rechtsbeschwerde, so dass diese fristwahrend neben dem Zulassungsantrag nicht eingelegt zu werden muss. Die Begründung des Zulassungsantrags ist keine Zulässigkeitsvoraussetzung. Der Antragsteller "soll" jedoch gem. § 80 Abs. 3 S. 4 OWiG die Gründe angeben, aus denen die Rechtsbeschwerde zuzulassen ist. Daher können die Gründe auch noch später, etwa nach erfolgter Akteneinsicht, vorgetragen und auch ergänzt werden. Allerdings sind die Anträge für die Rechtsbeschwerde und deren Begründung gleichwohl in der vorgeschriebenen Form und Frist anzubringen, da ansonsten der Zulassungsantrag unzulässig ist.

[241] Weiterführend Leipold, MAH Strafrecht, § 48 Rn 103 ff.; Beck/Berr/Schäpe, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, Rn 222; Ermert, Strafrecht, Kap. 14 Rn 86; Brüssow, Strafverteidigung in der Praxis, § 27 Rn 216 ff.

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