Rz. 253

Die §§ 24, 25 GVG regeln sowohl die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts als auch die Zuständigkeit von Strafrichter und Schöffengericht zueinander. Das Amtsgericht ist nach § 24 Abs. 1, 2 StPO sachlich zuständig, wenn nicht

die Zuständigkeit des Schwurgerichts, der Staatsschutzkammer oder des OLG zwingend gegeben ist;
eine höhere Strafe als vier Jahre oder bestimmte Maßregeln zu erwarten sind;
die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Bedeutung des Falles zum Landgericht anklagen will.
 

Rz. 254

Das Amtsgericht bildet die Spruchkörper des Strafrichters und die des Schöffengerichts. Die Strafbanngrenze liegt bei vier Jahren. Ob sie erreicht wird, ist anhand einer Überschlagsrechnung spätestens bei Eröffnung des Hauptverfahrens durch das Gericht zu überprüfen. Zwar ist hier allein die Auffassung des Gerichts maßgeblich, doch sollte bereits an dieser Stelle der Verteidiger dem Gericht mögliche Bedenken mitteilen. Dies gilt ebenso in den Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Bedeutung des Falles beim Landgericht Anklage erheben will. Überschreitet das Amtsgericht seinen Strafrahmen, führt das zur Unzuständigkeit des Gerichts, die nach § 338 Nr. 4 StPO gerügt werden kann, wobei der Mangel von Amts wegen zu berücksichtigen ist.

 

Rz. 255

Der Strafrichter ist nach § 25 GVG für Vergehen zuständig, die im Privatklageweg verfolgt werden, sowie für andere Vergehen, soweit keine höhere Freiheitsstrafe als zwei Jahre zu erwarten ist, wobei bei einer Gesamtstrafenbildung die Gesamtstrafe maßgeblich ist. Dagegen ist nach § 28 GVG das Schöffengericht in allen sonst der Amtsgerichtszuständigkeit unterfallenden Straftaten berufen. Ist der Strafrichter der Auffassung, dass eine höhere Freiheitsstrafe als zwei Jahre zu erwarten ist, hat er die Sache nach § 225a StPO dem Schöffengericht zur Entscheidung vorzulegen. Stellt sich erst im Laufe der Verhandlung heraus, dass die Straferwartung höher ausfällt, muss der Strafrichter das Verfahren nicht nach § 270 Abs. 1 StPO durch Verweisung abgeben, sondern kann bis zur Ausschöpfung der Strafgrenze von vier Jahren verurteilen.[111] Der Verteidiger hat hier wenig Einwirkungsmöglichkeiten. Er kann aber unter Umständen konkrete Anregungen geben, warum keine höhere Strafe zu erwarten ist.

Die Frage, ob die Staatsanwaltschaft richtigerweise vor dem Strafrichter oder dem Schöffengericht angeklagt hat, lässt sich aus der Anklageschrift in Verbindung mit dem Akteninhalt beantworten. Ist Herr A beispielsweise einschlägig vorbestraft und war die Körperverletzung von besonderer Intensität, dann ist die Anklageerhebung vor dem Schöffengericht wahrscheinlicher, als wenn es sich um einen Ersttäter und eine Straftat mit Bagatellcharakter handelt.

[111] Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 25 GVG Rn 3 und Kissel/Mayer, GVG, § 25 Rn 6.

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