Rz. 92

Wird der Anwalt auch in der 2. Instanz für den Mandanten tätig, kann er dafür nach § 17 Nr. 1 RVG eigene Gebühren fordern.

Die Gebühren des Anwalts für die arbeitsrechtliche Tätigkeit in der 2. Instanz sind in einem eigenen Abschnitt des VV geregelt – dem Abschnitt 2 zu Teil 3 VV, d.h. in Nrn. 3200 ff. VV. Dies ergibt sich aus der Überschrift des Abschnitts 2 sowie aus der Vorbemerkung 3.2.1 VV, die in Abs. 1 Nr. 2c) klarstellt, dass dieser Unterabschnitt auch in Verfahren über Beschwerden gegen die den Rechtszug beendenden Entscheidungen im Beschlussverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen anzuwenden ist.

 

Rz. 93

Die in der Berufungsinstanz abrechenbaren Gebühren entsprechen nach ihrer Systematik weitgehend den Gebühren der 1. Instanz. In Arbeitsgerichtsverfahren sind regelmäßig die Verfahrensgebühr, die Terminsgebühr, die Einigungsgebühr und die Verfahrensdifferenzgebühr relevant.

Zu beachten ist, dass der Ausschluss der Kostenerstattung nach § 12a Abs. 1 ArbGG für die 2. Instanz nicht gilt. Stattdessen kommen hier über § 64 Abs. 6 ArbGG die §§ 91 ff. ZPO zur Anwendung.[161] Daraus ergibt sich, dass – anders als in der 1. Instanz (siehe Rdn 58) – auch die notwendigen Reisekosten des Anwalts erstattungsfähig sind.[162]

 

Rz. 94

Die Höhe der Gebühren des Berufungsrechtszuges richtet sich nach dem Streitwert des Berufungsverfahrens. Dieser wiederum wird bestimmt durch die von den Parteien mit dem Berufungsverfahren verfolgten Ziele, die sich aus den Anträgen ergeben, bzw. durch die Beschwer, § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 und 2 GKG. Der im erstinstanzlichen Urteil festgesetzte Beschwerdewert bildet regelmäßig die Obergrenze, es sei denn, die Klage wird in der Berufungsinstanz erweitert, die Streitwertfestsetzung ist offensichtlich unrichtig oder der Beschwerdewert ist nach anderen Kriterien als der festgesetzte Streitwert zu ermitteln.[163]

 

Rz. 95

 

Beispiel

Der beklagte Arbeitgeber wird durch das erstinstanzliche Urteil zur Erteilung einer Auskunft und zur Rechnungslegung verurteilt. Der Beschwerdewert bemisst sich nach dem zeitlichen und finanziellen Aufwand, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs für den Schuldner bedeutet.[164] Die mit dem erstinstanzlichen Urteil verbundene Kostenentscheidung bleibt bei der Wertermittlung außer Betracht. Ausnahmsweise kann ein Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten zu einem höheren Beschwerdewert führen. Dieses Geheimhaltungsinteresse ist angesichts der vorläufigen Vollstreckbarkeit arbeitsgerichtlicher Urteile gem. § 62 ArbGG nach Abschluss der 1. Instanz nur schwer zu schützen.[165]

[161] Vgl. Germelmann u.a., § 12a ArbGG Rn 39.
[163] Vgl. BAG v. 27.5.1994 – 5 AZB 3/94, AP Nr. 17 zu § 64 ArbGG 1979; AnwK-RVG/Reckin, VV 3200 Rn 18.
[164] Vgl. BAG v. 27.5.1994 – 5 AZB 3/94; AP Nr. 17 zu § 64 ArbGG 1979; BGH v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, VersR 1995, 314.
[165] Vgl. BGH v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, VersR 1995, 314; Schaefer/Schaefer/Simon, § 3 Rn 125.

1. Verfahrensgebühr

 

Rz. 96

Die Verfahrensgebühr entsteht auch in der 2. Instanz für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Entgegennahme von Informationen.[166] Sie ist bereits (in voller Höhe) verdient, wenn der Anwalt fristwahrend Berufung einlegt, ohne dabei zugleich den Antrag zu stellen.[167] Sie liegt gem. Nr. 3200 VV bei 1,6.

Nach Nr. 3201 VV ermäßigt sich die Gebühr Nr. 3200 VV bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags oder eingeschränkter Tätigkeit des Anwalts auf 1,1.[168] Wann eine vorzeitige Beendigung in diesem Sinne vorliegt, ist in Nr. 3201 Nrn. 1 und 2 VV beschrieben. Eine vorzeitige Beendigung i.d.S. liegt vor, wenn der Auftrag endet, bevor der Rechtsanwalt das Rechtsmittel eingelegt oder einen Schriftsatz mit Sachanträgen, Sachvortrag, der Zurücknahme der Klage oder des Rechtsmittels eingereicht oder bevor er für seine Partei einen gerichtlichen Termin wahrgenommen hat. Eine vorzeitige Beendigung liegt außerdem vor, soweit Verhandlungen vor Gericht zur Einigung der Parteien oder der Beteiligten oder mit Dritten über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche geführt werden; der Verhandlung über solche Ansprüche steht es gleich, wenn beantragt ist, eine Einigung zu Protokoll zu nehmen oder das Zustandekommen einer Einigung festzustellen (§ 278 Abs. 6 ZPO).[169]

Soweit im letztgenannten Fall der sich nach § 15 Abs. 3 RVG ergebende Gesamtbetrag der Verfahrensgebühren die Gebühr Nr. 3200 VV übersteigt, wird der übersteigende Betrag auf eine Verfahrensgebühr angerechnet, die wegen desselben Gegenstands in einer anderen Angelegenheit entsteht, Nr. 3201 a.E. VV.

Ebenfalls angerechnet werden können je nach Sachlage z.B. eine vorangegangene Beratung, die Geschäftsgebühr nach Vorb. 3 Abs. 4 VV, die Prüfungsgebühr für die Prüfung der Erfolgsaussichten der Berufung gem. Nr. 2100 VV oder die Verfahrensgebühr nach Zurückverweisung gem. Vorb. 3 Abs. 6 VV.[170]

 

Rz. 97

Wie auch in der 1. Instanz erhöht sich d...

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