Rz. 56

Welche Gebühren in welcher Höhe für die anwaltliche Tätigkeit in der 1. Instanz entstehen, ergibt sich aus Teil 3 Abschnitt 1 VV, also aus den Nrn. 3100 ff. VV. Der Auffangcharakter dieser Regelungen wird in der Vorbemerkung 3.1 Abs. 1 VV[113] deutlich, nach der die Gebühren dieses Abschnitts in allen Verfahren entstehen, für die in den folgenden Abschnitten dieses Teils keine Gebühren bestimmt sind.

Für das arbeitsgerichtliche Verfahren 1. Instanz sind regelmäßig die Verfahrensgebühr, die Terminsgebühr, die Einigungsgebühr und die Verfahrensdifferenzgebühr relevant.

 

Rz. 57

Fällig wird die jeweilige Vergütung nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG erst mit Erledigung des Auftrags oder mit Beendigung der Angelegenheit oder nach § 8 Abs. 1 S. 2 RVG, wenn im gerichtlichen Verfahren eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht. Nach § 8 Abs. 2 RVG wird die Verjährung der Vergütung für eine Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren gehemmt, solange das Verfahren anhängig ist. Die Hemmung endet mit der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens. Ruht das Verfahren, endet die Hemmung drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit. Die Hemmung beginnt erneut, wenn das Verfahren weiter betrieben wird.

 

Rz. 58

Hinsichtlich der Kostentragungslast gilt § 12a Abs. 1 ArbGG. Danach besteht in Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs (nur des ersten, nicht auch der folgenden, siehe Rdn 93) kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnisses und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes. Vor Abschluss der Vereinbarung über die Vertretung ist auf den Ausschluss der Kostenerstattung hinzuweisen. Der Ausschluss der Kostenerstattung gilt nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, dass der Kläger zunächst ein sachlich unzuständiges Gericht angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat, § 12a Abs. 1 Satz 3 ArbGG.

[113] Seit dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz entstehen Gebühren nach Teil 3 VV gem. Vorbem. 3 Abs. 1 VV u.a. dann, wenn ein unbedingter Auftrag als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter in einem gerichtlichen Verfahren erteilt worden ist. Dadurch soll die Abgrenzung zu den Gebühren nach dem Teil 2 leichter fallen, vgl. BT-Drucks 17/11471, 274.

1. Verfahrensgebühr

 

Rz. 59

Die Verfahrensgebühr ist eine Wertgebühr i.S.d. § 13 RVG. Sie entsteht gem. Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 2 VV für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und beträgt nach Nr. 3100 VV in der 1. Instanz grundsätzlich und ungeachtet des Umfangs und der Schwierigkeit der Tätigkeit 1,3. Sie umfasst die gesamte Tätigkeit des Anwalts vom Auftrag bis zum Ende des Rechtszugs.[114]

 

Rz. 60

Die Verfahrensgebühr entsteht bereits dann, wenn der Auftraggeber den Anwalt im Innenverhältnis zum Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten bestellt hat, d.h. wenn der Anwalt auftragsgemäß in einem von Teil 3 VV erfassten Verfahren seine Tätigkeit aufnimmt. Es kommt nicht darauf an, ob der Anwalt nach außen aufgetreten ist und sich z.B. bei Gericht für den Mandanten bestellt hat, denn schon mit der Entgegennahme der Information beginnt das von der Verfahrensgebühr abgegoltene Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Welche Tätigkeiten der Anwalt entfaltet hat, kann jedoch für die Höhe der Verfahrensgebühr von Bedeutung sein.[115] Der Anwalt hat die volle Verfahrensgebühr von 1,3 verdient, wenn er einen Sachantrag gestellt, z.B. die Klageabweisung beantragt hat.[116] Nach Nr. 3101 VV steht es einem Sachantrag gleich, wenn der Anwalt einen Schriftsatz erhält oder einreicht, der Sachvortrag, die Rücknahme der Klage oder einen Antrag enthält. In diesen Fällen oder beim Wahrnehmen eines gerichtlichen Termins erhält der Anwalt die volle Verfahrensgebühr von 1,3. Einen abgesenkten Gebührensatz von 0,8 hingegen sieht Nr. 3101 VV bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags vor. Eine vorzeitige Erledigung in diesem Sinne liegt vor, wenn der Auftrag endet, bevor der Anwalt die Klage, den ein Verfahren einleitenden Antrag oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Antrags enthält, eingereicht hat oder bevor er für seine Partei einen Termin wahrgenommen hat.

Wenn schon Sachanträge gestellt wurden, ist es also für die vorzeitige Beendigung zu spät und die reguläre (nicht abgesenkte) Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV ist verdient. Der Anwalt des Klägers hat daher auf jeden Fall Anspruch auf eine volle Verfahrensgebühr, wenn er auftragsgemäß Klage beim Arbeitsgericht oder umgekehrt, wenn er einen Schriftsatz eingereicht hat, mit dem er auftragsgemäß zur Sache vorträgt oder die Klageabweisung beantragt.

 

Rz. 61

 

Praxishinweis

Hat der Arbeitnehmer seine Klage zunächst selbst bei der Rechtsantragsstelle des Gerichts erhoben oder durch die Gewerkschaft eingereicht und will er sich in Zukunft durch einen Anwalt vertreten lassen...

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