Rz. 113

Bereits vor Einfügung des § 91a SVG durch das ÄndGSVG vom 28.7.1961 (BGBl I, S. 1085) standen einem Bundeswehrsoldaten auf Zeit aus Anlass einer durch fahrlässige Amtspflichtverletzung verursachten Wehrdienstbeschädigung (hier: Unfall beim Waffenreinigen) gegen die Bundesrepublik nur die auf dem SVG beruhenden Ansprüche zu, also keine Ansprüche auf Schmerzensgeld.[103]
Erleidet ein Bundeswehrsoldat (Angehöriger des Feldheeres) beim Einsatz auf einem Truppenübungsplatz einen Verkehrsunfall durch Verschulden eines ebenfalls dort im Einsatz befindlichen Angehörigen der territorialen Verteidigung, so ist der Unfall nicht bei der "Teilnahme am allgemeinen Verkehr" im Sinne des § 1 ErwZulG eingetreten.[104]
Gesundheitsschäden, die ein Soldat bei einer truppenärztlichen Heilbehandlungsmaßnahme erleidet, sind im Regelfall eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Abs. 1 SVG. Amtshaftungsansprüche, die wegen einer solchen Gesundheitsschädigung geltend gemacht werden, sind nach Maßgabe des § 91a SVG beschränkt. Diese Beschränkung gilt auch dann, wenn die Anwendung des Soldatenversorgungsgesetzes in Einzelfällen zu dem Ergebnis führt, dass dem Geschädigten kein Anspruch verbleibt.[105]
Ein Verkehrsunfall auf einem abgeschlossenen Kasernengelände ist nur dann durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse im Sinne des § 81 Abs. 1 SVG herbeigeführt, wenn er auf Lebensbedingungen beruht, die eng mit den besonderen Gegebenheiten des Dienstes verknüpft sind und sich deutlich von denjenigen des Zivillebens abheben. Das ist für eine Vorfahrtverletzung bei der Rückkehr von einem Diskothekenbesuch grundsätzlich zu verneinen.[106]
Die Haftungsbeschränkung des § 91a SVG kommt auch einem Soldaten zugute, der bei der Rückkehr aus dem Urlaub mit seinem Kraftwagen auf dem Kasernengelände einen anderen Soldaten anfährt und verletzt.[107]
Ein Soldat, der mit einem eigenen Kfz vom Heimaturlaub zur Truppe zurückkehrt und sich bereits auf dem Kasernengelände befindet und hier einen Unfall verursacht, bei dem andere Soldaten zu Schaden kommen, ist diesen anderen Soldaten gegenüber gemäß § 91a Abs. 1 SVG nicht haftpflichtig. Das gilt insbesondere auch für Ansprüche auf Leistung von Schmerzensgeld.[108]
Die Fahrt eines wehrpflichtigen Soldaten aus dem Urlaub zurück zu seiner Kaserne ist nicht dem Dienstbereich zuzuordnen. Ein Unfall vor dem Kasernentor bei dieser Fahrt ereignet sich daher auf einer Privatfahrt.[109]
Die ärztliche Behandlung von Soldaten durch Truppenärzte oder in einem Bundeswehrkrankenhaus stellt im Rahmen der gesetzlichen Heilfürsorge die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe dar und erfolgt in Ausübung eines öffentlichen Amtes. Stellt sich der Soldat aber selbst in den Krankenhäusern vor bzw. wird er mit dem Krankenwagen dorthin gefahren und geht dem keine Einweisung oder eine Überweisung durch den Truppenarzt voraus, so liegen jeweils privatrechtliche Behandlungsverträge und kein öffentlich-rechtliches Behandlungsverhältnis vor.[110]
Die Drittbezogenheit einer Amtspflicht ist dann zu bejahen, wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts ergibt, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen. Es kommt demnach auf den Schutzzweck der konkret in Rede stehenden Amtspflicht an.[111]
Eine von Soldaten in einem privaten Kfz durchgeführte, mit Marschbefehl angeordnete Fahrt zum neuen Truppenstandort ist eine Dienstfahrt mit hoheitlicher Zielsetzung, bei der Ansprüche des verletzten Mitfahrers gegen den Fahrer und Halter ausgeschlossen sind.[112]
Erleidet ein Bundeswehrsoldat beim Transport zu einem Truppenübungsplatz einen Verkehrsunfall durch Verschulden eines Panzerfahrers, dessen Einsatz in keinem dienstlichen Zusammenhang mit diesem Transport steht, so ist der Unfall bei der "Teilnahme am allgemeinen Verkehr" eingetreten.[113]
§ 91a SVG ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit er Ansprüche nach allgemeinen gesetzlichen Vorschriften gegen den Bund betrifft.[114] Zwar trifft es zu, dass ein Geschädigter, der sich bereits eine berufliche Position geschaffen hat, durch die Beschränkung auf Ansprüche nach dem SVG einen Vermögensnachteil erleidet. Auch für ihn gilt aber, dass die mit dem Versorgungsanspruch verbundenen Vorteile diese Nachteile im Wesentlichen ausgleichen.[115]
Die Anspruchsbeschränkung nach § 91a SVG gilt nicht gegenüber dem Sozialversicherungsträger, auf den Amtshaftungsansprüche gemäß § 1542 RVO (nunmehr § 116 SGB X) übergegangen sind. Gewähren der Dienstherr und ein Sozialversicherungsträger den Hinterbliebenen eines durch eine vorsätzliche Amtspflichtverletzung getöteten Soldaten Versorgungsbezüge und Hinterbliebenenrenten, die zusammen die Schadensersatzansprüche der Hinterbliebenen übersteigen, so sind sie hinsichtlich der überschießenden Beträge nicht Gesamtgläubiger.[...

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